Posts mit dem Label Werte werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Werte werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 19. September 2012

Heutiges Geld ist durch keinerlei Sachwerte mehr gedeckt. Banknoten sind bedrucktes Papier – die Kenner unter Ihnen wissen, dass es sich im Fall des Euro eigentlich um Baumwolle handelt


Dr. Jens Weidmann und Präsident der Deutschen Bundesbank hielt anlässlich des 18. Kolloquiums des Instituts für bankhistorische Forschung (IBF) Papiergeld – Staatsfinanzierung – Inflation, eine Begrüßungsrede. Traf Goethe ein Kernproblem der Geldpolitik.

Hier ein Auszug dieser Rede:

Ich möchte mit einer Frage beginnen, die auf den ersten Blick trivial, damit aber erfahrungsgemäß besonders schwierig ist: Was ist eigentlich Geld? Eine prägnante Antwort aus ökonomischer Sicht lautet: Geld ist, was Geldfunktionen erfüllt.
Da Geld über seine Funktionen definiert wird, sind ganz verschiedene Dinge grundsätzlich geeignet, als Geld zu fungieren, solange sie als Tauschmittel, als Zahlungsmittel und als Wertaufbewahrungsmittel genutzt werden können.
In einigen Ländern wurden früher z. B. Muscheln als Geld verwendet, gleiches gilt für Felle, Salze oder Perlen. Auch Nutzvieh konnte als Geld dienen – das lateinische Wort für Vieh lautet „pecus“, von dem sich „pecunia“ für Geld ableitet.
Über die längsten Phasen der Menschheitsgeschichte dienten also konkrete Gegenstände als Geld, wir sprechen daher von Warengeld. Insbesondere genossen und genießen edle und seltene Metalle – an erster Stelle Gold –wegen ihrer angenommenen Werthaltigkeit hohes Vertrauen.
Gold ist somit gewissermaßen der zeitlose Klassiker in seiner Funktion als Tausch-, Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel. „Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles“, lässt Goethe Margarete im Faust I sagen.
Jenes Geld jedoch, welches wir in Form von Banknoten und Münzen bei uns tragen, hat mit Warengeld nichts mehr zu tun. Die Rückbindung an Goldbestände gibt es nicht mehr, seit im Jahr 1971 die Goldbindung des US-Dollar aufgehoben wurde.
In Kurzform: Heutiges Geld ist durch keinerlei Sachwerte mehr gedeckt. Banknoten sind bedrucktes Papier – die Kenner unter Ihnen wissen, dass es sich im Fall des Euro eigentlich um Baumwolle handelt –, Münzen sind geprägtes Metall.
Dass Banknoten und Münzen im täglichen Leben als Zahlungsmittel akzeptiert werden, hat zwar auch damit zu tun, dass sie alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel sind. Letztlich fußt die Annahme von Papiergeld jedoch primär auf dem Vertrauen der Bevölkerung, mit dem erhaltenen Papiergeld selbst auch wieder Käufe tätigen zu können.
Geld ist in diesem Sinne eine gesellschaftliche Konvention – es hat keinen eigenständigen Wert, der der Nutzung vorgelagert ist, sondern sein Wert entsteht erst durch den ständigen Austausch und den Gebrauch als Geld. Diese Erkenntnis, dass Vertrauen zentral, ja konstitutiv für die Geldeigenschaft ist, ist übrigens schon sehr alt. Aristoteles hat sie bereits im 4. Jahrhundert vor Christus in seiner "Politik" und der "Nikomachischen Ethik" herausgearbeitet.
Gerade in jüngster Zeit stellen sich viele Bürger die Frage nach der Herkunft des Geldes: Woher nehmen denn die Zentralbanken eigentlich das viele Geld, das sie brauchen, um dem Bankensystem im Rahmen geldpolitischer Operationen Kredite in Billionenhöhe zu geben oder anderes zu kaufen? Weshalb heißt es in diesem Zusammenhang regelmäßig, dass die finanzielle Feuerkraft der Notenbanken grundsätzlich grenzenlos sei?
Notenbanken schaffen Geld, indem sie Geschäftsbanken gegen Sicherheiten Kredite gewähren oder ihnen Aktiva wie zum Beispiel Anleihen abkaufen. Die Finanzkraft einer Notenbank ist dabei prinzipiell unbegrenzt, da sich eine Notenbank das Geld, das sie vergibt oder mit dem sie bezahlt vorher nicht etwa beschaffen muss, sondern es quasi aus dem Nichts erschaffen kann.
Das Drucken neuen Geldes ist hierfür ein passendes Bild, ökonomisch gesehen ist die Notenpresse jedoch gar nicht nötig, da sich die Geldschöpfung primär in der Bilanz der Notenbank, auf ihren Konten, widerspiegelt.
Wie kommt nun aber beim Thema der beschriebenen Geldschöpfung Johann Wolfgang von Goethe ins Spiel? Warum habe ich den Bogen also etwas weiter gespannt?

Zur Erinnerung sei hier kurz an die Geldschöpfungsszene im ersten Akt von Faust II erinnert. Mephisto, als Narr verkleidet, spricht mit dem von akuten Geldnöten geplagten Kaiser und konstatiert:

Wo fehlt’s nicht irgendwo auf dieser Welt? Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld.“
Der Kaiser erwidert schließlich auf Mephistos geschickten Überredungsversuch:
Ich habe satt das ewige Wie und Wenn; Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff’ es denn.“
Mephisto antwortet darauf:
Ich schaffe, was ihr wollt, und schaffe mehr.“
Er bringt den Kaiser im Trubel des nächtlichen Maskenballs dazu, eine Urkunde zu unterschreiben, die Mephisto über Nacht vervielfältigen und anschließend als Papiergeld verbreiten lässt.
Die Beteiligten sind vom anfänglichen Erfolg dieser Maßnahme ganz angetan. So verkündet der Kanzler voller Freude:
So hört und schaut das schicksalsschwere Blatt – (gemeint ist das geschaffene Papiergeld) – das alles Weh in Wohl verwandelt hat.“
Er liest: ´Zu wissen sei es jedem, der’s begehrt: Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.´“
Mephisto facht die Freude noch weiter an, indem er kurze Zeit später sagt:
Ein solch Papier, an Gold und Perlen statt,
Ist so bequem, man weiß doch, was manhat;
Man braucht nicht erst zu markten, noch zu tauschen,
Kann sich nach Lust in Lieb’ und Wein berauschen.“
Die Beteiligten sind so beglückt über die vermeintliche Wohltat, dass sie gar nicht ahnen, dass ihnen die Entwicklung aus den Händen gleiten wird:
Zwar kann sich der Staat im Faust II in einem ersten Schritt seiner Schulden entledigen, während die private Konsumnachfrage stark steigt und einen Aufschwung befeuert. Im weiteren Verlauf artet das Treiben jedoch in Inflation aus und das Geldwesen wird infolge der rapiden Geldentwertung zerstört.
Es ist beeindruckend, dass und wie Goethe den potenziell gefährlichen Zusammenhang von Papiergeldschöpfung, Staatsfinanzierung und Inflation – und somit ein Kernproblem ungedeckter Währungsordnungen – in Faust II beleuchtet. Dies gilt gerade deshalb, da man Faust und Goethe in der Regel nicht direkt mit ökonomischen Zusammenhängen assoziiert, schon gar nicht mit solch zentralen geldpolitischen Spannungsfeldern.
Dass sich Faust jedoch sehr wohl ökonomisch deuten lässt, hat unter anderem Prof. Adolf Hüttl gezeigt. Er ist ehemaliger Vizepräsident der damaligen Landeszentralbank in Hessen und zu meiner großen Freude heute hier anwesend. Bereits 1965 schrieb er im Mitarbeiter-Magazin der Bundesbank einen sehr erkenntnisreichen Text unter der Überschrift „Das Geld in Goethes Faust II“.
Der seinerzeit in Sankt Gallen lehrende Prof. Hans Christoph Binswanger – zu meiner Freude heute ebenso anwesend – ging ähnlich vor und legte Mitte der 80er-Jahre ein Buch mit dem Titel „Geld und Magie – Deutung und Kritik der modernen Wirtschaft anhand von Goethes Faust“ vor.
Die zentrale These Binswangers lautet, dass Goethe die moderne Wirtschaft mit ihrer Papiergeldschöpfung als eine Fortsetzung der Alchemie mit anderen Mitteln darstelle. Während die klassischen Alchemisten versuchten, aus Blei Gold zu machen, werde in der modernen Wirtschaft Papier zu Geld gemacht.
In der Tat dürfte der Umstand, dass Notenbanken quasi aus dem Nichts Geld schaffen können, vielen Beobachtern als etwas Überraschendes, Seltsames, vielleicht sogar Mystisches, Traumhaftes – oder auch Alptraumhaftes – vorkommen.


Denn wenn Notenbanken potenziell unbegrenzt Geld quasi aus dem Nichts schaffen können, wie kann dann sichergestellt werden, dass Geld ausreichend knapp und somit werthaltig bleibt? Ist bei der Möglichkeit, Geld mehr oder weniger frei zu schaffen, die Versuchung nicht sehr groß, dieses Instrument zu missbrauchen und sich kurzfristig zusätzliche Spielräume zu schaffen, auch wenn damit langfristiger Schaden sehr wahrscheinlich ist?
Ja, diese Versuchung besteht sehr wohl, und viele sind ihr in der Geschichte des Geldwesens bereits erlegen. Schaut man in der Historie zurück, so wurden staatliche Notenbanken früher oft gerade deshalb geschaffen, um den Regenten möglichst freien Zugriff auf scheinbar unbegrenzte Finanzmittel zu geben.
Durch den staatlichen Zugriff auf die Notenbank in Verbindung mit großem staatlichem Finanzbedarf wurde die Geldmenge jedoch häufig zu stark ausgeweitet, das Ergebnis war Geldentwertung durch Inflation.
Im Licht dieser Erfahrung wurden Zentralbanken in den vergangenen Jahrzehnten gerade deshalb als unabhängige Institutionen geschaffen und auf das Sichern des Geldwertes verpflichtet, um explizit die staatliche Vereinnahmung der Geldpolitik zu verhindern.
Die Unabhängigkeit der Notenbanken ist ein außergewöhnliches Privileg – ein Selbstzweck ist sie jedoch nicht. Vielmehr dient sie im Kern dazu, glaubwürdig sicherzustellen, dass sich die Geldpolitik ungehindert darauf konzentrieren kann, den Geldwert stabil zu halten.
Geldpolitische Unabhängigkeit und ein gut funktionierender, auf Geldwertstabilität ausgerichteter Kompass der geldpolitischen Entscheidungsträger sind notwendige – wenn auch nicht hinreichende – Voraussetzungen dafür, die Kaufkraft des Geldes und damit das Vertrauen der Menschen zu bewahren.
Für das Vertrauen ist aber wichtig, dass sich Notenbanker, die ein öffentliches Gut verwalten – stabiles Geld – auch öffentlich rechtfertigen. Der beste Schutz gegen die Versuchungen in der Geldpolitik ist eine aufgeklärte und stabilitätsorientierte Gesellschaft.

Und HIER können Sie die gesamte Begrüßungsrede von Dr. Jens Weidmann nachlesen bei der Deutschen Bundesbank.

Samstag, 31. März 2012

Erich Fromm Preis 2012 für Georg Schramm


Zitat
Georg Schramm lässt in seinen Bühnenfiguren auf radikale und desillusionierende Weise Menschen das aussprechen, was in dieser auf Erfolg und Gewinn setzenden Gesellschaft nicht zum Vorschein kommen darf, ja angesichts einer am Ökonomismus orientierten neoliberalen Ideologie auch unausgesprochen bleiben soll. Er klärt auf und macht den Zorn konstruktiv und ist dabei ein beeindruckender Psychologe und Charakterdarsteller. Tragik und Komik, Ohnmacht und Menschenwürde bilden in seinen Bühnenprogrammen eine ganz einmalige Mischung.
Zitat Ende

Georg Schramm, Auszug seiner Rede im „Weißer Saal“ des neuen Schlosses in Stuttgart vom 26. März 2012
Zitat:
Über die Menschenwürde haben wir bereits wichtige Anmerkungen gehört, glücklicherweise aus berufenem Munde, nämlich vom medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer.
Schon an der Stelle hätte der Abend auch schief gehen können. Stellen Sie sich nur einmal vor, eines Ihrer Vorstandsmitglieder hätte vor Jahren Kontakt mit dem Bundespräsidialamt aufgenommen zwecks einer Schirmherrschaft und jetzt hätten die sich plötzlich gemeldet und Christian Wulff wäre noch im Amt. Der könnte aus dem Stehgreif fünf Minuten über die Menschenwürde schwadronieren, mit Hilfe eines ghostwriters noch den Bogen zu Erich Fromm schlagen und dessen Werk rühmen! – Er, Wulff, der Prototyp des „Haben-wollen-aber-nichtssein“! – Ich frage mich, was passiert wäre.
Stellen Sie sich vor, jemand in der ersten Reihe wäre es bei Wulffs Rede so speiübel geworden, dass er sich vor unserem Bundespräsidenten erbrochen hätte – das Ganze binnen zehn Minuten auf youtube und facebook und tags drauf Seite 1 überregional – die taz käme mit der Schlagzeile raus „Erbrochenes in aller Munde“.
Zitat Ende

HIER können Sie die ganze Rede von Georg Schramm lesen.
Und Hier können Sie sich das Video zur Preisverleihung ansehen.

Mittwoch, 14. März 2012

"Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann!"


Ach was!
Zum Sprachwahrer des Jahres 2011 wurde der unvergessene Loriot gewählt. Respekt DEUTSCHE SPRACHWELT Ihr habt wirklich geschmackvolle (kann man das schreiben?) Leser.

Loriot hat die Wahl zum „Sprachwahrer des Jahres 2011“ gewonnen. Das gab die DEUTSCHE SPRACHWELT heute anläßlich der Leipziger Buchmesse bekannt. Die Leser der Sprachzeitung wählten den im vergangenen Jahr verstorbenen Dichter und Humoristen mit 17,7 Prozent auf den ersten Platz. An zweiter Stelle folgt mit 15,9 Prozent Wolfgang Bosbach, CDU-Politiker und Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages. Auf Platz drei liegen gleichauf mit 11,1 Prozent das Rostocker Modehaus „Nikolaus“ und die beiden Richter am Bundesgerichtshof, Klaus Tolksdorf und Wolfgang Ball. Die „Sprachwahrer des Jahres“ werden HIER ausführlich gewürdigt. 

In einer Erklärung der DEUTSCHEN SPRACHWELT heißt es: „Loriot hat die deutsche Sprache geprägt und bereichert. So verdanken wir ihm Wortschöpfungen wie die ‚Spannfedermuffe‘. Er hat Ausrufen wie ‚Moooment!‘ und ‚Ach was?!‘ eine neue Bedeutung gegeben. Er hat das Jodeln neu erfunden und mit dem ‚zweiten Futur bei Sonnenaufgang‘ die deutsche Grammatik bereichert. Darüber hinaus hat er es auch nicht an kritischen Bemerkungen zur Entwicklung seiner Muttersprache fehlen lassen.“ Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ habe er 2002 etwa gewarnt: „Die Anglisierung unserer Sprache steigert sich allmählich in eine monströse Lächerlichkeit.“ Und die neugeregelte Rechtschreibung zerpflückte er 1997 auf einer Dichterlesung mit dem Satz: „Die Rechtschreibreform ist ja völlig in Ordnung, – wenn man weder lesen noch schreiben kann.“

Na denn, noch einen Loriot:
"Ich gehe nach den Spätnachrichten der Tagesschau ins Bett."
"Aber der Fernseher ist doch kaputt."

"Ich lasse mir von einem kaputten Fernseher nicht vorschreiben, wann ich ins Bett zu gehen habe."




Quelle: You Tube

Montag, 20. Februar 2012

Hochdeutsch stärken, gebrochenes Deutsch bekämpfen


Zum 21. Februar dem Internationalen Tag der Muttersprache erinnert die DEUTSCHE SPRACHWELT an die Bedeutung des Standarddeutschen. „Hochdeutsch hält als einigendes Band unsere Sprachgemeinschaft zusammen“, erklärte der Chefredakteur der Sprachzeitung, Thomas Paulwitz. Es sei notwendig, Hochdeutsch als allgemein anerkannte und übergeordnete Sprachnorm zu stärken. Gleichzeitig wendet sich die DEUTSCHE SPRACHWELT gegen Bestrebungen, gebrochenes Deutsch unter dem Namen „Kiezdeutsch“ zu einem eigenständigen deutschen Dialekt aufzuwerten. Dies verharmlose eine bedenkliche Sprachentwicklung. Statt dessen müsse die wachsende Zahl von Sprachverlierern die Politik wachrütteln. Ein zunehmender Teil der Bevölkerung sei nicht in der Lage, die Ausdruckskraft der deutschen Sprache auszuschöpfen. Dies erschwere den Zugang zur Bildung.
Das sogenannte ‚Kiezdeutsch‘ ist nichts anderes als eine Pidginsprache“, sagte Paulwitz. „Es führt in die Irre, dieses in Wortschatz und Grammatik verarmte Deutsch als Dialekt schönzureden.“ Es sei „unverschämt und anmaßend“, dieses Stammeldeutsch auf eine Stufe mit so ausdrucksreichen und farbigen Mundarten wie Bairisch, Sächsisch und Schwäbisch zu stellen. Wer beispielsweise „Mein Schwester geht Kino“ sage, der spreche keinen Dialekt, sondern habe schlicht Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache.
Das systematische Weglassen von Geschlechtswörtern (Artikeln), Verhältniswörtern (Präpositionen) und Beugungen (Flexionen) sei keine Weiterentwicklung, sondern eine Rückbildung der deutschen Sprache: „Fehler bleiben Fehler, auch wenn sie systematisch gemacht werden. Wer Stammeldeutsch zum eigenständigen Dialekt erhebt, leistet der Auffassung Vorschub, man müsse in Deutschland die Landessprache nicht beherrschen. Bequemlichkeit, Nachlässigkeit oder Unfähigkeit im Sprachgebrauch verdienen keine Belobigung durch die Sprachwissenschaft.“
Des weiteren warf Paulwitz dem Bundesforschungsministerium vor, Wissenschaftler zu fördern, die das verarmte Deutsch als neuen Dialekt etablieren wollten. Dieses Geld sei in der Sprachförderung besser aufgehoben. Es sei wichtiger, Sprachverlierern zu helfen, die das Deutsche noch nicht ausreichend beherrschen: „Wer gut Hochdeutsch spricht, hat alle Chancen, etwas aus sich zu machen.“

Sonntag, 13. November 2011

Der Verlust der stabilitätsorientierten Halter in der EZB


Nachdem Axel Weber die EZB verließ, folgt nun ein weiterer Experte für stabilitätsorientierte Haltung wie sie der Tradition der Bundesbank entsprach, der die EZB verlässt. Jürgen Stark, Chefökonom der EZB räumt seinen Posten vorzeitig, aus persönlichen Gründen. Über diese Gründe will er aber erst zu einem späteren Zeitpunkt reden, sagte er bei einem Interview ( vom 12. November 2011 Nr.265) der NZZ.
Schauen wir kurz auf das was er im Interview sagte:
Auf die Frage, aus Sicht der USA macht Europa bei der Krisenbekämpfung eigentlich immer zu wenig, antwortete Herr Stark:
Ja, in den USA hat man den Ansatz, dass alles durch mehr Liquidität und mehr Schulden gelöst werden kann. Dabei ist das doch gerade das Kernproblem, das zu dieser Krise geführt hat. Man kann doch nicht mit Instrumenten, die die Krise mitverursacht haben, die Krise bekämpfen! Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden.“
Zum Thema EFSF äußerte sich Stark:
... Ich persönlich zweifle aber sehr daran, dass das Hinzufügen von zwei oder drei Nullen beim Rettungsvolumen die strukturellen und politischen Probleme lösen kann.“
Auf die Frage von Claudia Aebersold Szalay, die das Interview führte: Hat uns die Krise denn nicht gelehrt, dass „leverage“ (Hebelwirkung/PPD) erstens nicht gratis zu haben ist und zweitens in einer Krise sogar ein Brandbeschleuniger ist? Antwortete Herr Stark:
Genau so ist es meiner persönlichen Meinung nach.“
Und hier noch eine interessante Antwort des scheidenden Chefökonom der EZB:
... Wenn die Notenbank auch nur temporär über ihr Mandat hinausgeht, um der Politik mehr Zeit zu geben , dann gefährdet sie ihre Unabhängigkeit. Dann wird schnell gesagt, ihr habt damals geholfen, nun könnt ihr es wieder tun. Das führt zu Moral Hazard.“

Die Interviewerin:
Ich hatte immer den Eindruck, es sei politökonomisch so naiv von der EZB, hier in den sauren Apfel zu beißen, um Brüssel mehr Zeit zu verschaffen. Für Politiker ist es doch praktisch , wenn die Notenbank für sie die Feuerwehr spielt.
Und das antwortet daraufhin Herr Stark:
So ist es leider.“

Soviel zu den Gründen des Rückzug eines weiteren seriösen Experten der EZB. Schauen wir uns kurz einen anderen Experten an, der von der Systempresse gerne als Finanzguru schöngeschrieben wird und schon mal selbst mit seinem Spekulationen eine Währung angreift, George Soros (81). Dieser Herr Großinvestor meint genau das Gegenteil, was seriöse Experten fordern und anmahnen. Über die „Welt am Sonntag“ erfahren wir:
Die Mittel wären ausreichend, um für das Bankensystem zu bürgen. Aber anstatt das zu tun, beharren die Staaten darauf, dass die Banken ihr Kapital aufstocken sollen. Das ist ein fundamentaler Fehler.“
Damit sagt der Hedgefonds-Manager und mehrfacher Milliardär nichts anderes als:
Die Politik (EU) soll die Banken retten anstelle der Staaten.

Das Problem ist, es gibt zu viele politische Figuren die solchen Gurus nachfolgen wie dem Rattenfänger von Hameln. Dem Großinvestor ist es doch S.....egal was mit den Staaten geschieht. Aber was ist ein Staat, eine Nation, ein Land ohne Bevölkerung? Wen trifft es letztendlich, wenn die Politik solchen geldgierig Besessenen folgt? Mit teuflischer Farbe wurde die angebliche Gefahr an die Wand gemalt und jetzt wird der Anstrich erneuert mit der „tödlichen Gefahr“ wie es der Herr Guru beschreibt.
Wir glauben nicht, dass der „Tod“ droht, wenn die Politik die Staaten schützen will und nicht die Banken. Für uns ist diese Forderung des Herrn Hedgefonds-Manager schlichtweg pervers oder dämonisch, je nach Standpunkt des Betrachtungswinkel.

Haben Sie noch etwas Zeit?
Lassen wir noch einen anderen Experten zu Wort kommen der einem Systemdiener die Wahrheit erklärt im Fernsehen (vor ein paar Monaten)
Prof. Hankel:
Im Grunde geschieht hier eine Ungeheuerlichkeit. Hier wird das Recht gleich dreimal gebrochen, diese Zahlungen (Griechenlandhilfe) sind nach dem Vertrag illegal, sie dürfen nicht sein, die Bundesregierung leistet Zahlungen ohne parlamentarische Ermächtigung das darf in unserem Staate auch nicht sein (der ZDF-Moderator unterbricht hier)... bis jetzt ist noch gar nichts gezahlt es wird geprüft... (Prof. Hankel antwortet) … aber schon die Ermächtigung muss vom Parlament genehmigt werden. Soweit ich weiß ist das nicht geschehen man hat sich festgelegt ohne diese Ermächtigung zu haben und dagegen werden wir Europäer Protest einlegen und klagen (der Moderator unterbricht wieder) … aber Sie wissen, dass die Bundesregierung nicht direkt zahlt, sondern es wird über die KfW gehen, also es wird nicht die Bundesregierung Geld weiterleiten sondern die KfW wird Geld aufnehmen für billigen Zins und für teuren Zins an Griechenland geben, das könnte doch ein gutes Geschäft werden. (Jetzt ist Prof. Hankel wieder an der Reihe) … Also erstens ist das Beihilfe zu einer illegalen Handlung und zweitens vergessen Sie in meiner Biografie, ich war zehn Jahre Chefökonom der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), ich weiß was das Institut darf und nicht. Das ist auch Staat, die KfW ist Staat (jetzt wieder der Moderator)... Sie haben gesagt Sie gehen vor Gericht, Sie wollen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, aber Herr Hankel das haben Sie ja schon mal gemacht als der Euro kam und da waren Sie nicht erfolgreich. (Prof. Hankel)... Das stimmt auch nicht (lach/PPD) das Gericht ...(Moderator unterbricht) … wir haben den Euro... (Prof. Hankel)... wir haben den Euro, aber wir haben dem Gericht bescheinigt, und das Gericht hat auch dem nicht widersprochen, der Euro ist in dieser Konstruktion gar nicht mit der D-Mark zu vergleichen. Er kann gar nicht stabil werden, denn er ist ein Geld nicht für ein Land, für 16 inzwischen und wir haben leider viele Missbrauchs-Länder in dieser Gruppe und es ist ungeheuerlich dass man den Missbrauchern dieser Währung auch noch honoriert.“

Freitag, 28. Oktober 2011

Wir Bettler


von Wilfried Meyer

Ein Bettler ist jemand, der von anderen etwas erhalten möchte ohne eine Gegenleistung, und der dieses durch Worte und oder Gesten anzeigt. Wer eine Gegenleistung bietet, Geld oder Ware oder Arbeit, kann nicht als Bettler angesehen werden. Er will tauschen. Betteln und Tausch sind sehr alte Techniken. Betteln gibt es bei den unterschiedlichsten sozialen Tieren, es muss also ein stammesgeschichtlich sehr hohes Alter haben. Tausch als bewusstes, rationales Geschehen scheint es nur beim Menschen zu geben.


(Es gibt aber Hinweise darauf, dass Tausch ein sehr hohes Alter hat: Bei den Aborigines in Australien, Völkern der Altsteinzeit, wurde ein Stafetten-Handel beschrieben, der sich über etliche Kilometer erstreckte. – In einer etwa 80.000 Jahre alten Höhle in Südafrika, die von unseren Vorfahren bewohnt war, wurde in einer Nische Oker-Farbe gefunden, die bei altsteinzeitlichen Völkern sehr beliebt war; das nächste Oker-Vorkommen war 400 Kilometer entfernt. Die Vermutung ist nicht unbegründet, dass man sie durch Tausch erhalten hat.)

Das Betteln um Milch oder andere Nahrung ist allen Säugetieren gemeinsam und bei Vögeln zumindest verbreitet. Ohne Zweifel ist es durch eine genetische Disposition gesichert, ohne dass man einen isolierten Betteltrieb annehmen muss. Das Betteln ist Teil der Ernährung, deren gefühlsmäßiger Antrieb der Hunger ist. Wäre keine genetische Disposition vorhanden, die Ernährung der Jungen also von einem reinen Bewusstseins-Akt abhängig, wäre sie nicht in gleicher Zuverlässigkeit gesichert. Gebettelt wird aber auch um anderes als Nahrung, etwa um körperliche Nähe, um Zuwendung, Wärme, Schutz, zumindest bei Primaten. Das legt den Verdacht nahe, dass Betteln um so verbreiteter ist, je sozialer die Tiere sind.

Anders ist es beim Tausch. Zwar gibt es ähnliches auch bei Tieren, so etwa das Angebot von Sex als Gegenleistung für Nahrung oder als Beschwichtigung. Ob von hier aus aber eine evolutionäre Linie gezogen werden kann zu dem bewussten und rationalen Tausch der Menschen, ist fraglich. Allerdings muss Tausch als eine menschliche Universalie angesehen werden. Wer will, mag die sozialistischen Gesellschaften dazu zählen. In denen soll mehr getauscht worden sein soll als in den kapitalistischen, um nicht von der unzuverlässigen Planwirtschaft abhängig zu sein. (Woraus naive Menschen den Schluss ziehen, da sei das Zusammenleben sozialer gewesen. Natürlich schweißt Not zusammen, auch im Sozialismus.)

Ob Tausch im Bewusstsein regelmäßig als eigene Kategorie erscheint, mag nicht gesichert sein. Aber überall gibt es die strenge Sitte von Geschenk und Gegengeschenk. Die beiden müssen nicht zeitgleich geschehen. Aber sie finden so regelmäßig statt, dass man von einem Tausch sprechen muss.

Der Tausch ist nicht Gegenstand dieser Überlegungen. Aber er ist zu erwähnen, weil er vom Betteln oft schwer zu unterscheiden ist. Andererseits ist die Grenze zwischen Betteln, Tausch und Raub flüssig. (Krieg, Handel und Piraterie, dreieinig sind sie, nicht zu trennen. Mephisto im Faust.)

In unserer Geschichte war Betteln im allgemeinen erlaubt. Gelegentlich sogar moralisch überhöht, etwa in den Bettel-Orden, die als Gegenbewegung gegen den Reichtum entstanden, der sich bereits im Hochmittelalter gebildet hatte und der ungehemmt zur Schau getragen wurde. Vom Bettler erwartete man, dass er für das Seelen-Heil der Geber betete – insofern mag auch hier von Tausch gesprochen werden.

Bettelverbote waren selten. In Deutschland gab es die berüchtigte Ausnahme im National-Sozialismus. Aber der Ruf nach einem Bettelverbot – räumlich oder zeitlich beschränkt oder auch allgemein – ist nicht generell verstummt und dürfte auch wohl nicht verstummen. Betteln wird als lästig und ärgerlich angesehen, vor allem auch als moralisch bedenklich.

Deshalb haben wir eine neue Strategie erfunden: Wir lassen betteln, durch eine Profession von oft hauptberuflichen Bettlern, die wir aber anders benennen: Interessen-Vertreter. Die waren – allerdings nicht unter diesem Namen – früher an allen Höfen zu finden und oft sehr einflussreich. Die letzte starke und dauernde Vertretung dieser alten Art dürfte die Kamarilla der Groß-Agrarier der deutschen Kaiserzeit gewesen sein, die aber zunehmend vermischt und versippt war mit der Groß-Industrie. Gebettelt wurde allerdings nicht wie heute direkt um Geld, sondern um geldwerte Schutz-Zölle.

Heute ist es die Lobby, eine Schicht von meist hauptberuflichen Interessen-Vertretern, die sich im Vorfeld jedes Gesetz-Gebers einfinden. Und die sehr einflussreich sind, zumal sie in der Regel auch Experten für das von ihnen vertretene Sachgebiet sind. Als solche kann man sie schwerlich entbehren. Sie sind deshalb offiziell anerkannt. Allerdings wird es bedenklich, wenn sie Gesetzes-Texte vorformulieren. Das soll nicht selten der Fall sein.

Verständlich, dass die kleinen Leute wie wir nicht zu kurz kommen wollten und sollten. Aber die schufen sich nicht selbst ihre Vertretung, wie die Ideologíe glauben machen will. Es fanden sich vielmehr zunehmend Menschen, die dieses Betteln stellvertretend übernahmen. Zunächst die Gewerkschaften und ihre Vorläufer, dann mehr und mehr die politischen Parteien. Auch hier ging es in der Regel indirekt um Geld – in Form höherer Arbeits-Entgelte oder Steuer-Nachlässe. Gabe von Bargeld und Sachspenden blieb noch lange eine Angelegenheit persönlicher oder organisierter Mildtätigkeit, von Kirchen etwa.

Das änderte sich grundlegend durch Bismarck. Man wird nicht ermitteln können, welches sein stärkstes Motiv war: paternalistische oder christliche Fürsorge, Bekämpfung der „gemeingefährlichen Social-Demokratie“, autonomer „weißer Sozialismus“ oder Sorge für die Arbeits-Invaliden analog zur Sorge für die Kriegs-Invaliden. Dies letzte war zumindest in seiner Rhetorik leitend. Der Sozialstaat begann ja mit der Invaliden-Versicherung, die zur Renten-Versicherung wurde dadurch, dass die 70-jährigen regelmäßig als invalid angesehen wurden. „Der Doktor hat mich kaputt geschrieben“, war ihre entsprechende Auskunft.

Sozialismus oder nicht – der Sozialstaat war erfunden. Und wurde ein Welterfolg, im doppelten Sinne: Er wurde fast überall auf der Erde kopiert, und er entwickelte sich aus kleinen Anfängen zu einem Staat im Staate. Aus Pfennig-Beiträgen wurden „Sozial“-Abgaben, die ein Drittel des Arbeits-Einkommens verschlangen. (Bitte beim Nachrechnen die Steuern nicht vergessen, die ja zum Teil in die Sozial-Kassen fließen.) Aus einer Unterstützung, die etwas zum Familien-Einkommen betrug, wurde Adenauers „Alters-Lohn“, der ein autonomes Leben ohne stützende Familie erlaubte. Also ist der alleinstehende Rentner von heute ein Single, der ins Alters- oder Pflegeheim abgeschoben wird, wenn die Zeit gekommen ist. Das Wort sozial wurde so in sein Gegenteil verkehrt: Leben nicht mehr in Gemeinschaft, sondern als Einsiedler, der oft auf fremde und teure Hilfe angewiesen ist.

Es ist bis jetzt nur wenigen Menschen bewusst, welcher unglaubliche Schwindel in der Adenauer-Zeit passiert ist: Aus der Renten-Versicherung, die korrekt Rücklagen bildete, wurde eine Renten-Umlage, die heute verteilt, was letzten Monat herein kam. Schlimmer: Die den gegenwärtig Arbeitenden versprach, es werde immer so bleiben. „Aber Kinder haben sie Leute doch immer!“ soll Adenauer seinen Kritikern entgegen gehalten haben, die auf die Gefahren dieses Systems hinwiesen.Der einsichtige, aber wenig durchsetzungsfähige Minister Erhard wurde nicht gehört.

Wir wissen es inzwischen besser durch bittere Erfahrung: Kinder sind keine Natur-Konstante, kommen nicht mehr von Gott oder der Natur, wie es einmal gewesen sein soll. Kinder werden in die „Erwerbs-Biografie“ eingeplant oder nicht. Da sich in Deutschland Kinderlose besser stehen als Eltern, unterbleibt die Kinder-Zeugung bei vielen Menschen. Vor allem bei den Erfolgreichen. Man muss nicht annehmen, dass sich deren Erfolg biologisch vererbt. Aber einen Zusammenhang zwischen Erfolg der Eltern und der Kinder gibt es überall auf der Welt, in Deutschland nur etwas zuverlässiger als in anderen Ländern. Dank PISA wissen wir es sehr sicher und genauer als davor.

Aber leider: Familien sind offenbar schlechte Bettler, jedenfalls was den Erfolg ihrer Aktionen angeht. Schande für alle sogenannten Sozial-Politiker: Von Zeit zu Zeit muss jemand nach Karlsruhe gehen und beim höchsten Gericht klagen, damit den Familien ein kleines Stückchen Gerechtigkeit widerfährt. Also muss er beim höchsten Gericht betteln, damit er gehört wird. Da wird er übrigens mit großer Sicherheit auch erhört. Nützt ihm aber wenig, da die Politiker diesbezüglich sehr schwerhörig sind. – Betteln ist somit unser aller Schicksal geworden.

Mittwoch, 14. September 2011

„Hochzeit in der Heiligen Stadt Jerusalem - Palästina“



Die Enkelin (19) des im Jahre 2010 verstorbenen Führers der Neturei Karta, Moshe Hirsch hat ihren Verlobten (16) im orthodoxen Viertel Mea Schearim in Jerusalem geheiratet.
Und am Hochzeitstag wehte auch die palästinensische Flagge.
Moshe Hirsch hatte zu Lebzeiten für den palästinensischen Führer Yasser Arafat als Berater in jüdischen Angelegenheiten fungiert.
Die Neturei Karta lehnen Zionismus und den jüdischen Staat ab.
Auf den versandten Hochzeitseinladungen wurde ausdrücklich vermerkt: die Hochzeit werde in der Heiligen Stadt Jerusalem, Palästina stattfinden.

Donnerstag, 17. März 2011

Der Sprachwahrer des Jahres 2010 wurde jetzt ausgezeichnet



Zum „Sprachwahrer des Jahres“ zeichnet heute die DEUTSCHE SPRACHWELT Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer aus. Neben einer Urkunde erhält er ein ungewöhnliches Verkehrsschild. Anläßlich der Leipziger Buchmesse gab die Sprachzeitung heute die Ergebnisse zur Wahl der Sprachwahrer des Jahres 2010 bekannt. Mit 25,3 Prozent der Stimmen kam Ramsauer aufgrund seiner „Deutsch-Initiative“ auf den ersten Platz, gefolgt von dem ehemaligen Bürgerrechtler Joachim Gauck (18,2 Prozent). Der ZDF-Moderator Peter Hahne und der Dichter Günter B. Merkel teilen sich mit jeweils 16,7 Prozent den dritten Platz.

Ramsauers Anfang 2010 begonnene „Deutsch-Initiative“, die er auch in der DEUTSCHEN SPRACHWELT vorstellte („Achten wir die deutsche Sprache“, Ausgabe 39), trug ihm Tausende zustimmende Zuschriften ein. Mit Ramsauer gebe es einen verläßlichen Anwalt der deutschen Sprache in der Bundesregierung, so Paulwitz. Er halte keine Sonntagsreden, sondern handle. In seinem Ministerium werden entbehrliche Anglizismen getilgt. Aus dem „Travel Management“ wurde die „Reisestelle“. Der Reifenhersteller Goodyear mußte auf Ramsauers Veranlassung den „Highway Hero“, einen Preis für selbstloses Handeln im Straßenverkehr, in „Held der Straße“ umbenennen. Ramsauer setzt sich außerdem dafür ein, daß die Deutsche Bahn (DB) weniger „Denglisch“ verwendet.
Auf dem übergebenen Ortsausgangsschild stehen die Forderung „Freie Fahrt für die deutsche Sprache“ und darunter das durchgestrichene Wort „Denglisch“. Thomas Paulwitz, der Chefredakteur der DEUTSCHEN SPRACHWELT, überreicht das Schild heute um 11.30 Uhr im Bundesverkehrsministerium, zusammen mit der Siegerurkunde. Das Schild ist auch in fünfstelliger Auflage als Aufkleber gedruckt worden. Dieser ist ab Donnerstag – solange der Vorrat reicht – kostenlos am Stand der DEUTSCHEN SPRACHWELT auf der Leipziger Buchmesse erhältlich (Halle 5, A 103).
Die Auszeichnung „Sprachwahrer des Jahres“ erhielten bisher zum Beispiel Karl-Theodor zu Guttenberg (2009), Porsche (2007), Kammersängerin Edda Moser (2006), Papst Benedikt XVI. (2005) und der Dichter Reiner Kunze (2002).

© Bildrechte: Deutsche Sprachwelt

Samstag, 26. Februar 2011

Die größte Banane der Republik als systemrelevanter „reuiger“ Sünder

Die Gutmenschen überbieten sich förmlich mit hanebüchenen Lob auf einen Täuscher, Lügner und arroganten „Wisch und weg, Schwamm drüber“ Figur, die als oberster Dienstherr der deutschen Armee Tugendlosigkeit praktiziert. Stellen Sie sich mal folgendes Szenario vor:
Dr. zu Guttenberg muss vor einem Auditorium sprechen an dem auch Wissenschaftler teilnehmen. Und während seiner Rede schaut diese ehrenwerte Gesellschaft an die Decke, spielen mit Kugelschreiber, flüstern untereinander, kurz – der Herr Verteidigungsminister ist Luft. Nicht undenkbar, denn jetzt melden sich vermehrt Stimmen aus der etablierten Wissenschaft. Und sie können es ebenso nicht fassen, dass in einer Kardinaltugend wie Ehrlichkeit, plötzlich darüber diskutiert wird, dass die Kanzlerin auf diese Tugend offensichtlich pfeift, mal abgesehen von noch anderen Dingen in diesem Bezug, das offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen wird, dort der „ritterliche Charakter“ (Leser-Beitragschreiber bei SPON), die Lichtgestalt des deutschen politischen Betriebes und die andere Seite des Nimbus, totaler Realitätsverlust und eine Arroganz die unfassbar erscheint.
„Als reuiger Sünder wird Guttenberg zum Sympathieträger“, schreibt so ein Qualitätsschreiberling bei WO (Welt-online). Reuiger Sünder! Wo? Etwas zu bereuen sieht anders aus. Seine Arroganz in der Demut (Trittin) ist unerträglich. Ein Hochstapler (Gabriel SPD) soll also jetzt Sympathieträger sein, Mann Poschardt, welches Parteibuch haben Sie? Wie blöd ist denn inzwischen dieses Volk schon um auf solchen Schleimspuren zu wandeln? Die Hofpresse mit ihren Bücklingen ist sich keiner Borniertheit zu Schade um einen Täuscher und Lügner im Amt zu lassen. Zumal uns noch kritische Medien einen ähnlichen Fall melden, bei dem die Staatsanwaltschaft sich eingeschaltet hat und es schließlich zu einer Verurteilung kam. Staatsanwalt? Wo? Zuständig wäre die Staatsanwaltschaft in Hof/Bayern. Wobei wir wieder mitten in der Bananenrepublik sind. Es gibt eine sehr entlarvende Szene mit dieser Doktorlosen Lichtgestalt: Als er vor ausgewählten Journalisten sich versprochen hatte und die Herrschaften fragte, ist es schon live, nein also (und setzte ein Grinsen auf, beugte den Kopf nach unten, für eine Sekunde, um dann mit ernster Mine neu anzusetzen) ..... Der Mann ist ein potentieller Schauspieler.
„Unterkomplexe Promotionsbemühung“ nennt Poschardt bei WO so ein Verhalten. Die Wissenschaft sagt, „wir sind einem Betrüger aufgesessen. Es ist eine Dreistigkeit ohnegleichen, wie er honorige Personen der Universität hintergangen hat.“ Planmäßig und systematisch sind wissenschaftliche Quellen zum Plagiat zusammengetragen worden und er behaupte nicht zu wissen, was er tue. Und die Staatsanwaltschaft? Hallo Staatsanwalt in Bayern! „Schnarrrch!“
Der Dr. No hat über sieben Jahre gravierende handwerkliche Fehler eingestanden. Und hat in sieben Jahren den Überblick verloren über seine Quellen. Wer sagt uns nicht, dass er im Amt schon den Überblick verloren hat? Anscheinend ist das zusammenhängende eruieren von komplizierten Sachverhalten nicht sein Ding. So sieht es jedenfalls nach außen aus.
Noch einen Poschardt gefällig? Bitteschön:
„Über weite Strecken wirkte es so, als müssten ein paar Dorfpriester einen verlorenen Sünder zur Beichte zwingen.“ Wenn die Gehirnzellen fehlen, was fällt dann aus? Dorfpriester nennt der Schreiberling jene Menschen von denen dieser Dr. No abgeschrieben hat. Ein verlorener Sünder wäre er, und haut allen redlichen Titelträger und solchen die es gerade werden wollen, voll in das Gesicht.
Und das ist Dr. No, die Lichtgestalt der Gutmenschen wie wir in öffentlich zusehen bekamen und bekommen:
Unfähig wissenschaftlich zu arbeiten, verliert die Übersicht bei schriftlichen Ausarbeitungen, aalglatte Selbstgefälligkeit, politische Windfahne (Gorch Fock, Kundus), Günstling einer immer mehr verkommen politischen Gruppierung, Lügner, Betrüger.
Und was macht seine Partei und die Union? Sie täuschen noch mehr und lügen dabei selbst sich in die Tasche um einen Lügner im Amt zu halten. Er hat sich ja entschuldigt. Ach was! Nachdem die Öffentlichkeit Schaum vorm Mund hatte. Ein Betrüger wird zum verlorenen Sünder. Was für ein Land ist das denn hier inzwischen? Da werden Vergleiche mit Kaugummi-Diebstahl angeführt um nur alles abzuwiegeln und zu verharmlosen in der Fangemeinde der Lichtgestalt. Das sind dann jene die, nicht unähnlich bei Westerwelle, ihn zerreißen wenn sein „Talent“ wirklich erkannt wird und lauthals dann Leserkommentare schreiben. Schmieriger geht es nicht mehr.
Der Biedermann Dr. No ist nichts als heiße Luft, wir werden es sehen, denn da kommt noch mehr des Weges. Die Fangemeinde arbeitet zurzeit am gehen über Wasser.
Was uns jedoch fehlt sind die Erkenntnisse des ehemaligen Doktorvater, der diese „Schummel-cum-laude“ seinen Segen gab. Untergetaucht? Verschwunden, eingesperrt? Keine Interviews und Talkgelaber in den Medien. Wie kommts? Wo sie doch sonst jeden in den Schlamm ziehen (Sarrazin, Eva Herman und andere), wie entlarvend doch der Fall Dr. No ist.
Und die Kanzlerin? Sie verteidigt einen Betrüger mit einen lauten Furz....
Zitat Stern:
In einem offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigen sich zahlreiche Doktoranden empört darüber, dass Merkel gesagt hatte, sie habe keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt. Sie sprachen von Verhöhnung ehrlicher Doktoranden.
Zitat Ende


Da die Staatsanwaltschaft sich nicht bewegt muss also der Bürger es tun – an der Wahlurne!

Montag, 21. Februar 2011

Tag der Muttersprache

21. Februar 2011 – Anläßlich des heutigen Welttags der Muttersprache fordert die DEUTSCHE SPRACHWELT, den Englischunterricht zugunsten anderer Sprachen einzuschränken. Außerdem empfiehlt die Sprachzeitung, Englisch erst als zweite Fremdsprache zu lernen und Latein zu stärken. „Der stiere Blick auf die englische Sprache führt dazu, daß andere Sprachen und Kulturen in den Hintergrund des Bewußtseins geraten“, erklärte der Chefredakteur der Sprachzeitung, Thomas Paulwitz. Die Zerstörung der Sprachenvielfalt schade letztlich auch der deutschen Sprache. 
Die weitverbreitete Auffassung, wer Englisch könne, brauche keine andere Sprache mehr zu lernen, sei „irrig, engstirnig und verhängnisvoll“. Eine solche Haltung führe zur weltweiten „Vereinsprachlichung“ und zu einer einseitigen Sicht auf die Welt und schade der Völkerverständigung. Wer den Reichtum der kulturellen Vielfalt bewahren wolle, müsse sich also auch der sprachlichen Vielfalt öffnen und mindestens zwei Fremdsprachen lernen. 
Als Grundlage für das Erlernen weiterer Fremdsprachen sei beispielsweise Latein viel besser geeignet als Englisch. Latein sei nicht nur ein Türöffner für die romanischen Sprachen, sondern auch für das Englische, das zum Teil romanisch geprägt sei. Lateinkenntnisse förderten zudem auch allgemein das Verständnis der Grammatik und nützten somit der eigenen Sprache. Nicht zuletzt sei das Beherrschen der Muttersprache die beste Voraussetzung für das Erlernen von Fremdsprachen. 
Als sprachliches Hilfsmittel für den internationalen Austausch genüge ein „Globish“ oder „Globalesisch“. Dabei handelt es sich um ein Schmalspurenglisch, das ab der fünften Klasse innerhalb von zwei bis drei Jahren erlernt werden könne. Frühenglisch ab der Grundschule oder gar im Kindergarten sei hingegen „überflüssig und reine Zeitverschwendung“, wie wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt hätten. 
Die Sprachzeitung kritisiert daher die neuen Sprachgesetze in der Tschechischen und in der Slowakischen Republik, die Englisch als erste Fremdsprache ab der Grundschule vorschreiben. Dies gereiche auch der deutschen Sprache zum Nachteil, die als Fremd- und Muttersprache in beiden Ländern eine lange Tradition hat. 


(Die DEUTSCHE SPRACHWELT ist mit rund 80.000 Lesern die größte deutsche Zeitschrift für Sprachpflege und Sprachpolitik. Sie ist Sprachrohr und Plattform einer ständig wachsenden Bürgerbewegung, die sich um die deutsche Sprache sorgt. Die DEUTSCHE SPRACHWELT tritt für die Erhaltung einer lebendigen deutschen Sprache und für ein neues Sprachbewußtsein ein. Die Druckausgabe erscheint vierteljährlich.)

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Bildungsprämie

Sie wollen beruflich weiterkommen und möchten sich weiterbilden? Sie haben schon einen Kurs oder Lehrgang gefunden, den Sie sich so aber nicht leisten können? Oder Sie möchten zum Thema Weiterbildungsangebote beraten werden? In jedem Fall sind Sie bei der Bildungsprämie richtig. Seit Dezember 2008 zahlt sich Weiterbildung auch im wörtlichen Sinn aus - mit der Bildungsprämie. Denn wenn Sie einen Kurs, einen Lehrgang oder ein Seminar besuchen, um im Beruf ein Stück voran zu kommen, erhalten Sie einen Prämiengutschein - es gibt also Bares vom Staat. Der Prämiengutschein kann für Sie bis zu 500,- Euro wert sein.
Die Idee ist einfach: Sie finden/suchen einen Kurs, einen Lehrgang oder ein Seminar, bei dem Sie etwas Neues für Ihren Beruf lernen. Sie bekommen die Hälfte (ab 1.1.2010 bis zu 500 Euro, vorher bis zu 154 Euro) der Gebühr vom Staat dazu. Geschenkt. Und HIER geht es zu den Bedingungen.


Ministerin Schavan überreichte die 50.000 Bildungsprämie an Frau Rabia Aktas aus Berlin. Immer mehr Menschen machen von dem Gutschein Gebrauch, darunter 75 Prozent Frauen und 15 Prozent mit Migrationshintergrund.


Dienstag, 23. November 2010

In einer Depression zu stecken bedeutet, sich nicht zugehörig zu fühlen

Wenn die Welt ergraut

Die Besinnung auf das Geistige ist eine unschätzbare Hilfe.

Das Video wurde bei You Tube von gralswelttv veröffentlicht

Freitag, 29. Oktober 2010

Lobbypedia auf der Erfolgsspur


Neue Medien braucht das Land, denn nicht nur die politische Landschaft muss sich verändern, wenn dieses Land unsere Heimat bleiben soll. Dazu braucht es auch im Medienbereich mehr Mut und vor allem das Bekenntnis zum Land und zu seinen Bürgern. Damit der Fuchs im Hühnerstall nicht verkleidet herumlaufen kann. Was wir jedoch haben ist, ein zu großer Teil der Medien geht Hand in Hand mit der Politik. Man steckt eben unter einer Decke (frei nach Georg Schramm).

Über Lobbypedia haben wir hier berichtet.
Genau am 28.10. um 10:28 Uhr ist das Projekt Lobbypedia online gegangen und um 10:45 Uhr ist der Server in die Knie gegangen. Schuld war die enorme Nachfrage, die Lawine, wie es Lobbypedia selbst ausdrückt und noch immer staunen lässt. Ist das nicht herrlich? Da gibt es einen gemeinnützigen Verein und vier Mitarbeiter stellen etwas konkretes auf die Füße. Es braucht nicht immer Büros und einen Stab von hundert Leuten. Es funktioniert mit Hingabe und Mut (wir sprechen da aus Erfahrung) und den Willen etwas zu tun. Merkwürdigerweise sind das genau die Artikel für den Treibstoff: Bewegung!
Der SPIEGEL-online hat denn auch schnell seine kritische Stimme erhoben, weil mit so ein paar Mitarbeitern, stellt sich die Frage: wie will man den Anspruch von Missstände aufdecken, Geflecht von Geld, Macht und Politik durchleuchten zu wollen, gerecht werden.
Lobbypedia braucht Hilfe, ob als ehrenamtlicher Helfer, freiwillige Autoren/innen (davon können wir auch ein Lied singen) und eine solide Finanzierung (davon träumen wir nur). Wäre das nicht etwas für Sie?

Sonntag, 19. September 2010

„Wenn denn das offene Haar der Frau die männliche Begierde weckt, wäre es da nicht besser, den Männern Handschellen anzulegen, als den Frauen das Kopftuch zu verordnen?“

Ein echter Ralph Giordano.
Nun hat er zehn lesenswerte Thesen aufgestellt die ein klares Bild auf die Integrationsdebatte oder zumindest das was Gutmenschen unter Integrationsdebatte verstehen. Giordano sagt es mit einer entwaffnenden Wahrheit und Hellsichtigkeit.
Und was macht die WELT online? Sie fügt wieder ihre alte OECD Grafik ein bei der zwar Finnland auftaucht aber nicht die Türkei, nicht der nahe Osten, nicht Afrika. Und dieses „Dings Da“ nennen sie auch noch Infografik, lach.

Donnerstag, 9. September 2010

In Brüssel herrscht eine neue Priesterklasse supranationaler Bürokraten ohne demokratische Kontrolle

Leon de Winter über Europa Illusionen

Der holländische Schriftsteller Leon de Winter, der kürzlich in einem wüsten Pamphlet im "Spiegel" unter dem Titel "Zurück zur EWG" gegen das vereinigte Europa wetterte, plädiert für die Abschaffung des Euro und die Rückkehr zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.

„Es geht am Ende mehr um die Kultur als um die Wirtschaft, dass verstehen die Bürokraten nicht.“

Das Video wurde bei You Tube von elpaullos veröffentlicht

Mittwoch, 23. Juni 2010

Der mit dem Volk tanzt


Ein zukünftiger Bundespräsident den das Volk will und nicht was Merkel will.

Joachim Gauck hielt seine Rede am 22. Juni im Deutschen Theater Berlin „Freiheit – Verantwortung – Gemeinsinn. Wir in unserem Staat“.
Es gilt das gesprochenen Wort.

Wenn ich mich Ihnen vorstelle, möchte ich meine Leitgedanken, meine politischen Schwerpunkte und Ziele nicht in Thesen fassen. Vielmehr möchte ich von Erfahrungen sprechen, die mich geprägt haben und den aus mir gemacht haben, der heute vor Ihnen steht. Es sind Erfahrungen, die die Leidenschaft für Freiheit, Demokratie und Recht in meinem Leben verankert haben. 
Über der ersten Begegnung mit dem Leben könnte ein Titel von Thomas Mann stehen: „Unruhe und frühes Leid“. In meiner Kindheit war Krieg. Ich selbst bin der elementaren Bedrohung nur einmal begegnet, im Keller meines Großvaters. Die Bombe fiel damals nicht auf unser Haus, aber die Angst vor Tod und Zerstörung kam zu mir über die Augen der Erwachsenen. Sie kam auch bei Kriegsende zu mir über die Erwachsenen, als Männer abgeholt wurden, zum Arbeiten oder zum Erschießen, und als Frauen und Mädchen ihre Körper verhüllten und sich der Schrecken auf ihren Gesichtern spiegelte.
Ich bin 1940 geboren. An den Glanz in den Augen der Verführten, die jubelten, als ihr Führer aller Welt Angst machte, kann ich mich nicht erinnern. Ich erinnere mich erst an die Angstaugen, als der Krieg verloren war und Deutschland einem schrecklichen Ende entgegen ging. Und das Kind lernte: Da draußen ist es zum Fürchten.
Sechs Jahre später wurde mein Vater abgeholt. Er verschwand in Sibirien wie Abertausende, die denunziert und ohne jedes Vergehen bestraft wurden. Mein Vater hatte Glück. Nach fünf Jahren kehrte er zurück. Arno Esch und andere freiheitsliebende Jugendliche sind in Moskau erschossen worden. Meine Großmutter, meine Mutter, meine kleinen Geschwister und ich, sowie all die anderen Familien, die sich der neuen Zeit verweigerten - wir spürten: Da draußen ist es zum Fürchten.
Als mir Krieg, Diktatur, wieder Diktatur, Willkür und Rechtlosigkeit begegneten, war es die mütterliche Liebe, die dem kleinen Jungen, der sich ohnmächtig fühlte, letztlich das Zutrauen in sich selbst und in das Leben schenkte. Hass und Niedertracht um mich herum waren nicht ausgelöscht, aber ich wurde überlebensfähig. So erkannte ich im Nachhinein: Lange bevor Widerstand, Opposition oder Eigensinn gelebt werden, müssen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Deshalb sind Eltern und frühkindliche ermächtigende Erziehung so unglaublich wichtig.
Es war kein Zufall, dass ich mit zwölf Jahren dem Freiheitspathos von Friedrich Schiller verfiel, mit dreizehn Jahren wie ein Fiebernder am Radiogerät die Ereignisse des 17. Juni verfolgte und mit sechzehn am liebsten bei der Revolution in Ungarn mitgekämpft hätte.
Bis zu meinem 22. Lebensjahr war der Westen noch erreichbar. Ich fuhr hin, viele andere auch, an Wochenenden und in den Ferien. Die Demokratie dort war nicht perfekt, aber lebendig. Die Menschen wählten ihre Regierenden, sie lasen unterschiedliche Zeitungen, sie besaßen Gewerkschaften, die kämpften, es gab Bücher und Schallplatten, die bei uns verboten waren. Die Freiheit, die wir dort fanden, beflügelte uns. Auf Reisen im Westen tankten wir auf, um den Alltag im Osten besser zu bestehen.
Nach 1961 aber konnten wir nicht mehr zwischen dem Bleiben in der Heimat auch unter kommunistischer Herrschaft oder dem Neubeginn in der ersehnten, aber fremden Freiheit wählen. Der Ausweg war uns versperrt. Das Bild vom Westen setzte sich nur umso fester in unserem Innern fest. Sehnsucht nistete sich in unseren Herzen ein. Das wirkliche Westdeutschland entwickelte sich in eine uns unbekannte, von vielen Widersprüchen und Mängeln geprägte Richtung, unsere innere Wirklichkeit hingegen verklärte den abgetrennten Teil zu einem Staat ohne Runzeln und Abgründe. Wir haben die Freiheit idealisiert, die wir nicht besaßen.
Im eigenen Land trug die Freiheitsliebe einen Tarnanzug. Sie zitierte Heine, sie zitierte Schiller, sprach von der Französischen Revolution, siedelte - wie schon in der braunen Diktatur - in Innenräumen. „Die Gedanken sind frei“ sangen wir in der Kirche und in der Familie. Um uns herum gab es gleich gesinnte Freundeskreise, Kirchgemeinden, Cliquen, die Jugendgruppen der Kirchen.
Ich suchte Botschafter der geistigen Freiheit auch in der Diktatur. Immer wieder waren es Christen und Kirchenvertreter wie mein mecklenburgischer Landesbischof Heinrich Rathke, die mir Wegweisung und Mut gaben. Sie ließen mich glauben, dass die Wahrheit - ethisch wie politisch - nicht bei der Mehrheit sein muss. Wir erlernten damals die Minderheitenexistenz. Und indem wir sie annahmen, annehmen mussten, verloren wir zwar allerhand - aber nicht uns selbst.
Uns selber treu zu bleiben, halfen uns auch die, deren Ermutigung uns selbst noch erreichte, als die Staatsmacht sie außer Landes getrieben hatte. Wolf Biermann, Günter Kuhnert, Reiner Kunze, Erich Loest, Sarah Kirsch - um nur einige zu nennen - , deren Worte und Lieder versteckt in Koffern, Handtaschen oder über Diplomatenpost die Mauer überwanden. Wir fanden Trost und Zuspruch auch bei Martin Luther King - ich begegnete diesem Ermutiger persönlich in den sechziger Jahren in der Berliner Marienkirche: „I have a dream.“ Ähnliche Botschaften drangen aus der Ferne auch von Alexander Solschenizyn, Andrej Sacharow, von Vaclav Havel und den Widerständigen aus der polnischen Solidarnosc zu uns. Und mochte Nelson Mandela am anderen Ende der Welt auch in seiner Zelle in Robben Island gefangen sein, so fühlten wir uns doch mit seiner Freiheitsbotschaft verbunden. Später, in der Rückschau erkannte ich die Bedeutung dieser realen und der Begegnungen im Geiste: Widerstand  IST nicht, Widerstand WIRD.
Bevor der Freiheitssturm Europa vor zwanzig Jahren verändern konnte, mussten Angst und Resignation überwunden werden. In unseren Seelen eingelagert war eine ganze Niederlagengeschichte. Immer hatten die Diktatoren gesiegt: 1953 in der DDR, 1956 in Ungarn und Polen, 1968 in Prag, 1970 und 1981 in Polen. Widerstand ist zwecklos - fast hatten wir uns damit abgefunden.
In den späten Jahren der Diktatur aber zeigte sich: Es gibt Situationen, in denen die Befolgung von Wahrscheinlichkeitsrechnungen nicht klug, sondern einengend ist - die angebliche Aussichtslosigkeit von Widerstand legte uns nämlich Wohlverhalten nahe. Erst ganz langsam und dann sehr schnell lernten wir eine ratio, die die humanen Werte hoch hielt und das Ziel der Freiheit auch dann bewahrte und benannte, als ihr Erfolg noch in fernen Sternen stand: Nie vergessen, wie im Nachbarvolk Polen weder Kriegsrecht noch Inhaftierungen den Freiheitswillen brechen konnten. Nie vergessen, wie der polnische Papst mit „Fürchtet euch nicht“ seine Landsleute ermutigte. Weit, ganz weit über die katholische Kirche und Polen hinaus wurde dieser Zuspruch politikmächtig. Nie vergessen, wie Vaclav Havel über die „Versuche in der Wahrheit zu leben“ auch uns eine Richtschnur wies. Diese und ähnliche Vorbilder inspirierten auch uns immer wieder, uns mit den erstarrten Verhältnissen nicht abzufinden.
Ich bin mir sicher, dass unser deutsches „Yes, we can“ das sächsische „Wir sind das Volk“ war. Ich bin so sicher, weil ich die Wirkung dieser Botschaft erlebt habe. Weil ich erfahren habe, welch unerwartete und ungeheure Kraft in den lange Unterdrückten noch steckte. Weil ich unter ihnen war, die sich staunend anschauten auf den Straßen und Plätzen unseres kleinen Landes: Bin ICH das? Sind WIR das? Sind wir tatsächlich so mutig? Damals setzten wir unsere Befreiung durch. Diese Erfahrung kann der Osten des Landes in die gemeinsame deutsche Geschichte einbringen und den Bewohnern im Westen unseres Landes schenken: Auch Deutsche können Revolution. 
Diese unbändige Kraft damals - manchem ging sie allerdings verloren, als uns später die Mühen der Ebene zu schaffen machten. Denn unsere Befreiung war Freiheit von etwas gewesen. Wir hatten den Druck, die Normen, die Uniformität, die Einschüchterung abgeschüttelt. Und wir hatten erhalten, wonach wir uns gesehnt hatten - die Freiheit zu etwas: die Freiheit des Denkens, der Meinung, die Freiheit der Selbstverwirklichung nach unseren Möglichkeiten. Doch diese Freiheit hatten wir als Bewohner einer Diktatur nicht lernen und nicht einüben können.
Mehr noch als die Bewohner in Deutschlands Westen begleitet die Bewohner des Ostens  deshalb eine Angst vor der Freiheit, die den schmerzlichen Prozess der Aufklärung und Säkularisierung auf dem Weg in die Moderne immer begleitet hat. Wir haben durch die Freiheit viel gewonnen, aber wir haben auch Bindungen, die äußere festgezurrte Ordnung und Sicherheit verloren. Für ihre Lebensplanung sind die Menschen nun selbst zuständig - aber zu dieser Eigenverantwortung sind einige nicht mehr, und andere noch nicht fähig. Die Gestaltung der Freiheit ist generell der Gefahr ausgesetzt, durch die Angst vor ihr beschnitten und gehemmt zu werden. Ich kenne viele, die einst fürchteten, eingesperrt zu werden, und jetzt fürchten, abgehängt zu werden. Das werden wir zu bearbeiten haben - auch wenn die Angst häufig eher da ist als die reale Gefahr.
„Furcht vor der Freiheit“ hat Erich Fromm dieses Phänomen genannt. Immer - so seine Sicht auf die menschliche Existenz - entstünde ein Erschrecken, eine den Menschen begleitende Furcht, wenn er den Raum der Freiheit betrete. Mögen wir die Freiheit noch so sehr ersehnt haben und ihren Raum bewusst betreten haben, wir bleiben verfolgt von machtvollen Fluchttendenzen. Sind wir wirklich hinreichend ausgestattet, so fragen sich die aus dem Paradies Vertriebenen. Sie sehnen sich nach der fraglosen Ordnung, die sie verließen, als sie aus freien Stücken den Apfel im Garten Eden nahmen und danach unversehens im Gefilde der Arbeit und der Sorgen landeten.
Sie errichten sich Fluchtorte, bergen sich im stupiden Konformismus oder in den Burgen der Ideologien, wo sie weder Verantwortung für ihr eigenes Ich noch für ihr Gemeinwesen tragen. So tauschen sie die Einmaligkeit der Freien gegen die bequeme Ohnmacht der nie und nirgends Verantwortlichen. Paradies ist das zwar nicht - aber die unerträgliche Last der Eigenverantwortung sind sie los.
Tatsächlich gibt es für Angst aktuelle Gründe. Potenziert durch die aktuellen Krise kehren sie daher zurück: Die Gefühle von Ohnmacht, eine ständige Furcht, ja eine neue Beheimatung in allumfassender Angst. Manche zweifeln an der Demokratie, andere an der Marktwirtschaft. Haben diese  Systeme nicht angesichts der Umweltprobleme, der Finanzprobleme Griechenlands und anderer Staaten, angesichts des schwindenden Vertrauens in unsere europäische Währung versagt? Vor allem die internationale Finanzkrise hat die Menschen so verunsichert wie einst die Urgroßeltern die Weltwirtschaftskrise.
Die Weltgemeinschaft reagiert zwar mit hektischer Entschlossenheit, aber die Furcht ist noch nicht gebannt. Ist die „langsame“ Demokratie überhaupt effizient angesichts derartiger Krisen, überlegen einige laut. Könnten nicht autoritäre Regime viel schneller reagieren? Sollte nicht die als  „Kapitalismus“ denunzierte Marktwirtschaft endlich abgeschafft werden?
Mir erscheinen derartige Überlegungen als Flucht. Flucht aus einer Verantwortung, die uns die konkreten Probleme zu lösen aufgibt. Flucht vor Herausforderungen, die uns zu konstruktiven Lösungen führen kann. Wir haben den vorhandenen Sachverstand und unseren - freilich dürren - Mut zusammenzubringen, um den aktuellen nächsten Schritt zu tun.
Der Versuchung zum Systemwechsel werden wir am leichtesten entgehen. Wir schaffen auch den Fußballsport nicht ab, weil es immer wieder Spieler gibt, die Foul spielen. Ebenso wenig den Radsport oder die Leichtathletik, weil unehrliche Sportler dopen. Vielmehr erlassen wir Regeln und schaffen Instanzen, die Regelverstöße ahnden. Dasselbe Vorgehen gilt auch für die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Wer ausgerechnet der Wirtschaft die Freiheit nehmen will, wird immer mehr verlieren als gewinnen. Politik wird allerdings zu ringen haben um den Rahmen und die Regeln. Und auch die Unternehmer werden sich zu bewähren haben in der traditionellen Verantwortung für das Gemeinwesen als Ganzes. Wir alle haben genug vom Treiben gewissenloser Finanzakrobaten oder maßloser Manager  – aber wir wissen auch, dass nicht die gesamte Wirtschaft verantwortungslos ist. Und wir wissen, dass die Sozialleistungen, die wir als Sicherung eines menschenwürdigen Lebens ansehen, bislang nur in Gesellschaften erwirtschaftet werden konnten, die über eine funktionierende Marktwirtschaft verfügten.
Die Freiheit, die wir bejahen, bindet sich an das Gemeinwohl. Sie akzeptiert eine Ratio des sozialen Ausgleichs und nimmt den besser Gestellten, um es den schlechter Gestellten zu geben. Dies geschieht durch das Steuersystem und die Sozialleistungen. Eine solidarische Gesellschaft steht Hilfsbedürftigen bei, wenn sie in Not sind. Sie ermächtigt die Hilfsbedürftigen aber vor allem, wieder für sich selbst zu sorgen. Für diese Art der Unterstützung passt der Begriff Fürsorge nur bedingt. Fürsorge kann entmächtigend wirken, wenn der Staat die Rolle eines gütigen Fürsten annimmt, dessen Gestus die Empfänger zu Mündeln macht und ihre Abhängigkeit fördert statt an ihren Mut und ihr Selbstvertrauen zu appellieren.
Freiheit, die sich ans Gemeinwohl bindet, schafft auch soziale und ökonomische Voraussetzungen für eine möglichst große Chancengleichheit. Menschen in unterprivilegierten Schichten und Menschen, die erst in den letzten Jahrzehnten zu uns gekommen sind, dürfen aufgrund fehlender ökonomischer und sozialer Absicherung nicht um ihre Entwicklungsmöglichkeiten gebracht werden. Selbstverwirklichung in Freiheit gelingt nur, wenn beispielsweise Kinder und Jugendliche über gleiche Bildungschancen verfügen – unabhängig von ihrem Elternhaus.
In einer Freiheit, die als Verantwortung gelebt wird, kann aber nicht einer Gesellschaftsschicht die Verantwortung für die anderen übertragen werden. Wir brauchen Bürgersinn in allen Schichten. Wir brauchen Menschen, die je nach ihren Möglichkeiten Verantwortung für diesen, unseren gemeinsamen Staat tragen - unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem sozialen Status, unabhängig von ihrer Kultur, Religion und Ethnie.
Wir wollen eine solidarische Gesellschaft sein, die auch Defizite bei der Integration von Migranten und Zugewanderten abbaut. Wir wollen eine aufnehmende und einladende Gesellschaft sein; jeder weiß, dass wir Zuwanderer schon aus demographischen Gründen brauchen. Vor kurzem war ich tief bewegt, als ich die mangelnde Beheimatung spürte, die viele von ihnen immer noch verspüren, selbst wenn sie hier geboren wurden. In den USA begegneten mir Menschen, die erst zwei, drei Jahre im Land lebten, aber dennoch stolz erklärten: This is my country. Hier aber begegnete mir eine junge Frau, die als Tochter türkischer Eltern hier zur Schule ging, hier als akademisch Gebildete in führender Position im politischen Leben aktiv ist, aber mich dennoch mit großen Augen ansah: „Gehöre ich dazu, wenn Sie sagen: Wir sind ein Volk?“ Offensichtlich haben wir zu lange zu wenige und zu halbherzige Einladungen ausgesprochen und dadurch mit befördert, was uns heute große Probleme bereitet: Ressentiments gegenüber fremden Kulturen auf der einen Seite und mangelnde Integrationsbereitschaft in bestimmten Milieus der Zuwanderer auf der anderen Seite.
Demokratie lebt von einer festen Wertebasis, aber sie ist keine ausschließlich rationale Veranstaltung. Demokratie lebt mit Emotionen, mit Ressentiments, mit gegensätzlichen Interessen. Die Politik in Demokratien hat einerseits für möglichst sachgerechte Lösungen zu sorgen, aber sie ist auch angewiesen auf Akzeptanz in der Bevölkerung. Die jetzt schon hitzigen Debatten über das Weltklima werden an Heftigkeit zunehmen. Wer Freiheit als Verantwortung definiert, wird der Zukunftsfrage des Klimaschutzes als Bewahrer der Schöpfung zu begegnen haben - und zwar mit deutlich mehr Entschlossenheit.
Gegenstand heftiger Debatten ist auch unser Engagement in Afghanistan. Solange deutsche Soldaten im Auftrag der UN und aus Solidarität dort eingesetzt werden und nicht aus deutschem Übermut, der einst Truppen in Bewegung setzte, um Länder zu erobern oder Ressourcen auszubeuten, kann ich einen derartigen Einsatz nicht verurteilen. Ich fühle mit, wenn ich die Trauer der Mütter der Kriegsopfer sehe. Aber nicht Verantwortungslosigkeit hat ihre Söhne geschickt, sondern aus Verantwortung wurden sie geschickt und aus Verantwortungsbereitschaft sind sie gegangen.
Die Freiheit demokratischer Staaten bietet einen Raum für unterschiedliche Meinungen und Interessen. Die Freiheit demokratischer Staaten ermöglicht es, auch mit Emotionen, Irrationalität, Ressentiments umzugehen und Kompromisse zu finden, die von Nationalismus und Fundamentalismus weg- und zu einer breiten Akzeptanz hinführen. Ein freier Meinungsaustausch ist die sicherste Gewähr dafür, dass sich die Bürger in Deutschland, in Europa mit ihrem Staat, mit unserem Europa identifizieren und für sie Verantwortung zu übernehmen bereit sind.   
Deshalb ist es mir so wichtig, an die Tage der Ermächtigung vor zwanzig Jahren zu erinnern, als wir neben uns und überall auf dem Erdkreis die Nähe derer suchten, die Freiheit leben mochten, die Verantwortung wollten und konnten. Menschen haben immer eine Wahl. Die Flüchtenden verlassen die, die standhalten. Aber es ist die verwegene Ratio jener, die standhalten, die Zukunft eröffnet. Wer Ja sagt zu seiner Freiheit, wer sie nicht nur will, sondern lebt, dem fließen Kräfte zu, die ihn und diese Welt verändern.
Wir schauen auf die Kraft, die uns 1989 im Osten ermächtigte, wir erinnern uns an die Gestalter und Ermutiger, die die alte Bundesrepublik zu einem Ort der Menschen- und Bürgerrechte gemacht haben, an dem gleiches Recht für alle gilt und sich Not in Wohlstand wandelte. Ob wir auf dem Hambacher Schloss stehen oder in Leipzigs Nikolaikirche, ob wir im Lincoln-Memorial in Washington oder vor den großen Kreuzen vor der Danziger Werft – immer können wir die mobilisierenden Botschaften vernehmen, die unser Ja zur Freiheit befestigen.
Der große amerikanische Präsident Franklin Roosevelt hat 1933 nach einer großen Weltwirtschaftskrise Worte für seine Landsleute gefunden, die in der damaligen wie in allen Krisen gelten dürften: „dass das Einzige, was wir zu fürchten haben, die Furcht selbst ist – die namenlose, blinde, sinnlose Angst, die die Anstrengungen lähmt, deren es bedarf, um den Rückzug in einen Vormarsch zu verwandeln“.
Wir möchten ihm glauben – denn wir haben schon gelebt, was wir nie mehr zu hoffen gewagt hatten, Freiheit.
Wir dürfen glauben, was wir konnten, und wir werden können, woran wir glauben. 
Was kann nun ein Bundespräsident dem hinzufügen, was die Gewählten und die Wähler auf eigene Weise und in eigener Verantwortung tun?
Alle Verfassungsorgane, alle Institutionen des demokratischen Staates bilden miteinander den Willen der Gesamtbevölkerung ab. Da aber nicht alle Bürger permanent in diesen Organen am Ganzen mitwirken können, sind Abgeordnete, Regierungen und sonst verantwortliche Repräsentanten des Volkes mit je spezifischen Spezialaufträgen versehen – auch der Bundespräsident. Das kann jeder im Grundgesetz nachlesen. Neben der Repräsentanz nach außen darf man ihn auch sehen als den Ständigen Vertreter der gesamten deutschen Demokratie gegenüber uns Bürgern, uns – „dem Volk“. So wird diese Institution, deren Rechte das Grundgesetz begrenzt und definiert hat, gleichzeitig ein Symbol für das Ganze. Und als Repräsentant des ganzen Volkes kann der Bundespräsident zwischen den Regierten und den Regierenden vermitteln und zu einer besseren Verständigung zwischen ihnen beitragen. Er folgt keinen Parteieninteressen, jeder darf ihm vertrauen.
Weil sie jeweils ALLE repräsentierten, haben die Bundespräsidenten auch immer Menschen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, die ohne staatlichen Auftrag „Staat machten“ in unserem Land. Die Ehrenamtlichen, all die Vertreter einer lebendigen Bürgergesellschaft, die sich in Initiativen, Vereinen, Bewegungen und Gruppen zusammengeschlossen haben und in der Politik, im sozialen Bereich, in Kultur, Kirchen und Gewerkschaften mitwirken; plötzlich überall aktiv sind die „Tafeln“. Dieses gigantische Netzwerk der Engagierten braucht keinen staatlichen Auftrag für sein Tun. Es lebt ganz aus sich selbst heraus Freiheit als Verantwortung.
Wie sähe unser Land eigentlich ohne diese Menschen aus? Erst diese Bürger, die sich in Beziehung zu anderen setzen, machen aus unserer Demokratie jenes lebendige Gebilde, das Partizipation ermöglicht und Identifikation neben den Parteien schafft.
Wenn also der Bundespräsident regelmäßig Ehrenamtliche besucht, sie in sein Schloss einlädt und sie durch Auszeichnungen ehrt, kommt zusammen, was zusammen gehört. Es gibt wohl kaum etwas Schöneres, als am Wachsen von Volksbewegungen der freiwillig Aktiven mitzuwirken.
Mindestens ebenso wichtig sind wir Bürger aber auch in der Parteienlandschaft unseres Staates als Wähler. Ein Bundespräsident wird nicht nachlassen, zur Wahlbeteiligung aufzufordern, dieser grundlegenden politischen und moralischen Pflicht  in unserem Staat.
Ich erinnere mich daran, wie lange und wie sehnlich ich und andere Bürger Mittelosteuropas darauf warteten, endlich das tun zu dürfen, was für Bürger im Westen seit Großvaters Zeiten ganz selbstverständlich war: in freien, gleichen und geheimen Wahlen die eigene Regierung zu wählen. Ich musste 50 Jahre alt werden, um das zu tun. Ich blicke zurück und sehe mich am Vormittag des 18. März 1990 mit Glückstränen im Gesicht aus dem Wahllokal kommen. Und ich sage zu dem Menschen neben mir, was er doch schon weiß: „Ich habe gewählt“.
Für einen kurzen Moment war alle Freiheit Europas in das Herz des Einzelnen gekommen. Ich wusste: Nie, nie und nimmer wirst du auch nur eine Wahl versäumen.
In zwanzig Jahren Demokratie habe ich gelernt, das Leben in der Freiheit nicht eine dauernde Erfolgs- und Glückserfahrung ist. In der Politik ist es wie im privaten Leben. Besonders in Krisenzeiten, wenn Herausforderungen zu bestehen sind, wachsen uns Kräfte zu, die wir in Zeiten ruhiger Sicherheit weder benötigen noch kennen. Deshalb verbindet uns die Meisterung von Krisen mit dem Leben und mit dem Leben in unserem Staat.
Ich träume von einem Land, in dem ich nicht nur zufrieden bin, weil seine Institutionen funktionieren, sondern das imstande ist, sich selber aus der Unkultur von Angst, Resignation und Tristesse zu erlösen, indem es gestaltet und das Seine eigenständig sucht, erkämpft, betreibt. Dann werden wir die Demokratie alle irgendwie „haben“, echte Freude an ihr wird jedoch dann entstehen, wenn wir sie auch leben.
Mit Demokratie ist es, wie mit dem Leben: Glück ist weniger im „Haben“ aber beständig im „Sein“.