Sonntag, 3. Oktober 2010

Der Tag der Deutschen

Der Tag der Deutschen aus Sicht des Bundespräsidenten, den das Volk nicht wollte
Auszüge aus seiner Rede:
Wir feiern heute, was wir vor 20 Jahren erreicht haben: Einigkeit und Recht und Freiheit für unser deutsches Vaterland. Wir erinnern uns an jenen epochalen Tag, wie ihn ein Volk nur selten erlebt. Ich denke an die Bilder aus Berlin, in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober. An die Menschen, die vor dem Reichstagsgebäude standen. An die gespannte Erwartung in den Momenten vor Mitternacht. An den Klang der Freiheitsglocke. An das Hissen der Fahne der Einheit. An die Nationalhymne. An das Glücksgefühl. An die Tränen. An den Zusammenhalt in diesem historischen Augenblick unserer Geschichte. Auch 20 Jahre später erfüllt mich dies mit großer Dankbarkeit......Ich verneige mich vor allen, die für die Freiheit gekämpft haben.
Die Kirchen gaben dem aufbrechenden Mut zur Freiheit ein Obdach. Viele Menschen fühlten: Es muss sich etwas ändern. Doch damit allein ändert sich nichts. Ich muss etwas ändern. Und es begann mit den Montagsgebeten und den Montagsdemonstrationen. Erst gingen wenige, dann immer mehr Mutige auf die Straßen, überall in Ostdeutschland. Es wurde zum "Wunder von Leipzig". Mit seiner Wucht und seinem friedlichen Verlauf war es wirklich ein Wunder, ein Wendepunkt. Bewirkt von Menschen. Sie haben sich selbst aus der Diktatur befreit - ohne Blutvergießen. Der Freiheitswille der Menschen war immer da – ungebrochen.....Unser Land ist offener geworden, der Welt zugewandter. Vielfältiger - und unterschiedlicher. Alltag und Lebensentwürfe haben sich gewandelt. Die Gründe kennen wir: weltweiter Wettbewerb, globale Handelswege, neue Technologien, grenzenlose Kommunikation, Zuzug von Einwanderern, demographischer Wandel und - ja, auch das, neue Bedrohungen von außen. Lebenswelten driften auseinander: die von Alten und Jungen; Spitzenverdienern und denen, die vom Existenzminimum leben; von Menschen mit und ohne sicherem Arbeitsverhältnis; von Volk und Volksvertretern; von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Glaubensbekenntnisse....."Wir sind ein Volk"! Dieser Ruf der Einheit muss heute eine Einladung sein an alle, die hier leben. Eine Einladung, die nicht gegründet ist auf Beliebigkeit, sondern auf Werten, die unser Land stark gemacht haben. Mit einem so verstandenen "wir" wird Zusammenhalt gelingen - zwischen denen, die erst seit kurzem hier leben, und denen, die schon so lange einheimisch sind, dass manche vergessen haben, dass auch ihre Vorfahren von auswärts kamen. Wenn mir deutsche Musliminnen und Muslime schreiben: "Sie sind unser Präsident" - dann antworte ich aus vollem Herzen: Ja, natürlich bin ich Ihr Präsident! Und zwar mit der Leidenschaft und Überzeugung, mit der ich der Präsident aller Menschen bin, die hier in Deutschland leben....Natürlich spielt es eine Rolle, woher einer kommt. Es wäre schade, wenn das nicht so wäre. Aber die entscheidende Botschaft dieses Appells lautet: Wir sind Deutschland! Wir sind Deutschland. Ja: Wir sind ein Volk. Und weil diese Menschen mit ausländischen Wurzeln mir wichtig sind, will ich nicht, dass sie verletzt werden in durchaus notwendigen Debatten. Legendenbildungen, Zementierung von Vorurteilen und Ausgrenzungen dürfen wir nicht zulassen. Das ist in unserem ureigenen nationalen Interesse.....Wir haben von drei Lebenslügen längst Abschied genommen. Wir haben erkannt, dass Gastarbeiter nicht nur vorübergehend kamen, sondern dauerhaft blieben. Wir haben erkannt, dass Einwanderung stattgefunden hat, auch wenn wir uns lange nicht als Einwanderungsland definiert und nach unseren Interessen Zuwanderung gesteuert haben. Und wir haben erkannt, dass multikulturelle Illusionen die Herausforderungen und Probleme regelmäßig unterschätzt haben. Verharren in Staatshilfe, Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung. Ich habe die vielen hundert Briefe und E-Mails gelesen, die mich zu diesem Thema erreichten. Mich beschäftigen die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger sehr....Und dennoch, wir sind weiter, als es die derzeitige Debatte vermuten lässt: Es ist Konsens, dass man Deutsch lernen muss, wenn man hier lebt. Es ist Konsens, dass in Deutschland deutsches Recht und Gesetz zu gelten haben. Für alle - wir sind ein Volk....Auch wenn wir weiter sind, als es die derzeitige Debatte vermuten lässt, sind wir ganz offenkundig nicht weit genug. Ja, wir haben Nachholbedarf, ich nenne nur als Beispiele: Integrations- und Sprachkurse für die ganze Familie, mehr Unterrichtsangebote in den Muttersprachen, islamischen Religionsunterricht von hier ausgebildeten Lehrern. Und ja, wir brauchen viel mehr Konsequenz bei der Durchsetzung von Regeln und Pflichten- etwa bei Schulschwänzern. Das gilt übrigens für alle, die in unserem Land leben. Zuallererst brauchen wir eine klare Haltung: Ein Verständnis von Deutschland, das Zugehörigkeit nicht auf einen Pass, eine Familiengeschichte oder einen Glauben verengt. Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland. Vor fast 200 Jahren hat es Johann Wolfgang von Goethe in seinem "West-östlichen Divan" zum Ausdruck gebracht:"Wer sich selbst und andere kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen."....."Unser Sozialstaat ist kein Selbstbedienungsladen ohne Gegenleistungsverpflichtung", so schlicht und richtig hat es die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig ausgedrückt. Und weiter: "Wenn die Menschen staatlich alimentiert werden, darf die Gemeinschaft erwarten, dass die Kinder wenigstens in die Schule geschickt werden, damit sie einen anderen Weg einschlagen und in ihrem späteren Leben auf eigenen Beinen stehen." Wir achten jeden, der etwas beiträgt zu unserem Land und seiner Kultur. Es gibt die Ärztin, den Deutschlehrer, den Taxifahrer, die Fernsehmoderatorin, den Gemüsehändler, den Fußballspieler, den Filmemacher, die Ministerin und viele weitere Beispiele gelungener Integration....Wir müssen bei den Kindern anfangen. Wie viele einst an die Einheit geglaubt haben, obwohl sie in weiter Ferne lag, müssen wir uns Ziele stecken, die weit entfernt scheinen, aber erreichbar sind: Kein Kind soll ohne gute Deutschkenntnisse in die Schule kommen. Kein Kind soll die Schule ohne Abschluss verlassen. Kein Kind soll ohne Berufschance bleiben. Es sind unsere Kinder und Jugendlichen, um die es hier geht. Sie sind das Wertvollste, was wir haben...."Wir sind das Volk": mit diesen vier Worten haben Menschen, die zusammengehalten haben, ein ganzes Regime hinweggefegt. Jeder, der dies gerufen hat, hat das Gefühl der Ohnmacht überwunden, hat sich für zuständig erklärt und Verantwortung übernommen. Unsere Kinder sollen die Geschichte unseres Landes und den unschätzbaren Wert der Freiheit, der Verantwortung, der Gerechtigkeit verstehen.... Gleichzeitig haben wir an diesem 3. Oktober eine einmalige Chance zum Neuanfang bekommen. Wir haben diese Chance genutzt. Lassen Sie uns alle zusammen stolz sein auf das Erreichte. Aber wir sind nicht fertig. Es geht darum, die Freiheit zu bewahren, die Einheit immer wieder zu suchen und zu schaffen. Es geht darum, dieses Land zu einem Zuhause zu machen - für alle; sich einzusetzen für gerechte Verhältnisse - für alle. Dieses Land ist unser aller Land, ob aus Ost oder West, Nord oder Süd und egal welcher Herkunft. Hier leben wir, hier leben wir gern, hier leben wir in Frieden zusammen - hier stehen wir ein für Einigkeit und Recht und Freiheit.
Wir gehen mit Mut und Zuversicht nach vorne. Die vergangenen 20 Jahre haben gezeigt, was wir gemeinsam schaffen können.
Wir sind - im doppelten Sinne des Wortes - zusammengewachsen und zusammen gewachsen.
Gott schütze Deutschland.


Und nun die verehrte Bundeskanzlerin via BILD am Sonntag:
Auszüge
BamS:. . . Sie planten, Bundeskanzlerin zu werden?
Merkel: (lacht) Daran habe ich natürlich überhaupt nicht gedacht. Viel bescheidener: Ich hatte mich entschieden, für den Bundestag zu kandidieren und musste also Wahlkampf führen. Im Dezember 1990 war ja schon die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl. Das stellte mich vor ungeahnte Herausforderungen. Längere Reden zu halten, fiel mir damals noch schwer. Zehn Minuten waren schon eine große Kraftanstrengung für mich. Und als Wissenschaftlerin war ich es nicht gewöhnt, ein und dieselbe Rede mehrmals am Tag zu halten. Ich musste mich also in meinem eigenen Leben zurechtfinden. (hält inne) Mein Gott, was erzähle ich Ihnen hier alles . . .
BamS: Machen Sie bitte weiter, wir finden das sehr interessant!
Merkel: Wenn Sie meinen . . . Also: Ich war ja im Februar 1990 zur Vorbereitung der Volkskammerwahl am 18. März aus der Akademie der Wissenschaften ausgeschieden, um stellvertretende Regierungssprecherin zu werden. Im Juni/Juli musste ich entscheiden, wie ich danach weitermachen wollte. Ich entschied mich für eine Bundestagskandidatur und gegen meinen Wissenschaftsberuf.
BamS: Warum ist eigentlich der 3. Oktober unser Nationalfeiertag?
Merkel: Das weiß Helmut Kohl am besten zu erzählen. Wenn ich mich recht erinnere, sollte ein Tag ausgesucht werden, der trotz Herbst noch ein bisschen warm sein konnte. Außerdem sollte es vor dem 7. Oktober sein, damit der 41. Jahrestag der DDR nicht etwa noch gefeiert werden musste. Und im Vorfeld des ersten Einheitstages am 3. Oktober 1990 waren die 2+4-Gespräche über die außenpolitischen Aspekte der Einheit noch in Ruhe abzuwickeln.
BamS: Helmut Kohl hat vor dem Fall der Mauer die DDR regelmäßig besucht. Hatte er mehr Verständnis für die Mentalität der DDRler als andere?
Merkel: Er hat sich auf alle Fälle sehr bemüht, sich in unsere Lebensumstände hineinzuversetzen. Für uns war besonders wichtig, dass man bei ihm im Gegensatz zu Oskar Lafontaine immer den Eindruck hatte: Helmut Kohl mochte uns! ..............

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