Freitag, 8. Oktober 2010
„Wenn es denn ein Volksentscheid sein soll, müssen Sie doch ein Minimum an Logik aufbringen! Ein Volksentscheid macht doch nur Sinn, wenn Sie einen sofortigen Baustopp verhängen, dann ist auch noch etwas zu entscheiden...“
Gregor Gysi in einer guten Rede im Bundestag über Stuttgart 21.
(es gilt das gesprochene Wort)
„Auch in Berlin interessiert man sich für Stuttgart und vor allen Dingen aber für dieses Land. Ich glaube Sie haben überhaupt nicht begriffen, dass wir es mit einem neuen Zeitgeist zu tun haben. Ich will Ihnen auch beschreiben woran das liegt, man das messen kann. Sehen Sie mal, Sie stellen sich hier hin und sagen, alle Genehmigungen für Stuttgart 21 sind erteilt, alle Verträge sind geschlossen, es läßt sich juristisch nichts mehr machen. Wenn man das unserer deutschen Bevölkerung Früher sagte, blieb sie zuhause. Da hätte ich stundenlang zu einer Protestdemo aufrufen können, da wären dann vielleicht 100 Leute gekommen. Diesmal interessiert es sie nicht. Warum nicht? Was hat sich verändert? Weshalb werden das von Demo zu Demo mehr, obwohl Sie mit diesen Argumenten versuchen das ganze zu verhindern. Weil sich der Zeitgeist verändert hat. Und die haben recht. Es gibt eine neue Ferne zwischen der Regierung und den Regierten. Und das spüren alle. Und das liegt auch an der Bundesregierung und zwar auch an dieser Regierung, weil Sie folgendes machen. Sie stimmen die gesamte Politik in Bezug auf die Banken, mit der Banken-Lobby ab (hörbarer Unmut), Sie stimmen die gesamte Politik für die Gesundheit, mit den privaten Krankenversicherungen ab, Sie stimmen die Gesamte Energiepolitik mit der Energie-Lobby ab. Aber Sie fragen beim Friseurmeister, bei einer Hartz IV-Empfängerin oder bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nie die Betroffenen, welche Entscheidung Sie in Bezug auf diese Leute treffen und das merken die Leute. Und deshalb entsteht ein neuer Zeitgeist und sowas ähnliches, ja sag ich mal, wie auch ein rebellischer Geist. Das ganze Projekt ist natürlich gar nicht zu erklären. Eine Strecke nach Ulm kann man bauen, eine Anbindung zum Flughafen kann man bauen, deshalb braucht man keinen, wahrscheinlich 10 Milliarden kostenden unterirdischen Bahnhof. Das ist einfach Wahnsinn was Sie da vorhaben! Und deshalb komm ich zu einem zweiten ... (Applaus)..lassen Sie mich das nächste Argument sagen. Sie sagen der Hartz IV-Empfängerin, Sie haben kein Geld mehr, es gibt nicht mehr als fünf Euro. Sie sagen ihr Elterngeld müssen Sie streichen. Sie beschließen in großen Umfang Sozialkürzungen und auf der anderen Stelle sagen Sie, natürlich haben wir 10 Milliarden für einen unterirdischen Bahnhof! Das verstehen die Leute einfach nicht mehr! Und ich glaube das ist auch nachvollziehbar. Jetzt haben wir die Demos erlebt und ich sage ihnen auch, die waren ja friedlich. Es gab auch ein gutes Einvernehmen, glaube ich von den Demonstranten und der Polizei. Und plötzlich diese völlig unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch die Polizei. Und ich sage Ihnen dafür gibt es politisch Verantwortliche. Und ich sage Ihnen, wenn Sie nicht einen Beitrag leisten, dass das ausgeräumt und aufgeräumt wird und die Verantwortlichen auch dafür verantwortlich gemacht werden, dann zerstören Sie das Vertrauensverhältnis zur Bevölkerung, nicht nur in Stuttgart. Und ich sage Ihnen noch was, viele der Demonstrantinnen und Demonstranten haben CDU gewählt. Sie leisten gerade Ihren größten Beitrag, dass sie das nie wieder tun werden. (Zwischenrufe) Das ist das Einzige was ich daran begrüße. Aber jetzt haben wir eine neue Situation. Die Bundeskanzlerin hat sich ja des Themas angenommen. Manchmal ist es eben auch falsch wenn man sich eines Themas annimmt. Sie hat hier erklärt; also die Landtagswahl sei der Volksentscheid darüber. Abgesehen davon das ne Landtagswahl kein Volksentscheid ist, aber das will ich jetzt gar nicht erklären. Aber sie hat das hier erklärt (Zwischenrufe)... ja warten Sie doch mal, wenn es denn ein Volksentscheid sein soll, müssen Sie doch ein Minimum an Logik aufbringen! Ein Volksentscheid macht doch nur Sinn, wenn Sie einen sofortigen Baustopp verhängen, dann ist auch noch etwas zu entscheiden. Wenn Sie einfach weiterbauen, dann veralbern Sie doch das Volk, wenn Sie sagen es soll im März entscheiden! Das geht doch nicht zusammen! Und deshalb sage ich Ihnen (Zwischenrufe).... ja ich weiß schon das ein halbes Gebäude stehen bleiben soll. Ein Baustopp ist ein Baustopp, nicht das ich da weiter baue, da weiter baue und ein Stückchen nicht weiter baue. Sie schaffen Tatsachen und wenn Sie neue Tatsachen geschaffen haben, ist darüber nichts mehr zu entscheiden und das merken die Demonstrantinnen und Demonstranten, das merkt auch die übrige Bevölkerung. Und deshalb sage ich Ihnen, Sie gefährden damit die Demokratie! Und übrigens auch der Vorschlag Heiner Geißler, der ist doch in Ordnung, Heiner Geißler als Vermittler ist keine schlechte Idee, aber nicht wenn Sie weiterbauen, der kann doch nur vermitteln wenn Sie erst mal einen Baustopp machen, damit etwas vermittelt werden kann! Damit eine gemeinsame Lösung gefunden werden kann. Ich glaube Sie haben eines nicht bemerkt, die Bevölkerung wird täglich unzufriedener. Ich sag ja gar nicht, dass die dadurch so wird wie ich sie mir vorstelle oder so wird wie Sie sich sie vorstellen (Zwischenreden) oder so was, nein nein nein, nein nein ist viel schlimmer; es könnten unbeherrschbare Prozesse in Erscheinung treten. (Zwischenreden).... meinen Sie ..... Sie haben keine Ahnung von mir, Sie quatschen nur dummes Zeug, wenn ich Ihnen das mal ganz deutlich sagen darf, ganz deutlich sagen darf. Es geht um was ganz anderes. Ich sage Ihnen, die Zeit ist reif wo wir etwas ändern müssen. Es geht nicht mehr das Sie einmal in der Bundestagswahl sich wählen lassen und dann vier Jahre die Bevölkerung nicht befragen. Die Zeit ist reif für Volksentscheide. Geben Sie sich einen Ruck, wir brauchen eine attraktivere Demokratie. Genau dafür streiten wir.“
Eingestellt von PPD am Freitag, Oktober 08, 2010 Labels: S 21, Unsere Angestellten
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