Dienstag, 28. Februar 2012

„Bush Six“


Spanien untersucht Fälle des US-Folterprogramms

Derzeit laufen zwei Untersuchungen des spanischen Nationalen Gerichtshofs Audiencia Nacional bezüglich der systematischen Folter und der grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung von Gefängnisinsassen, die im Rahmen der amerikanischen Verhör- und Inhaftierungspraxis nach 2001 angewandt wurden.
Im März 2009 wurde eine Strafanzeige gegen sechs ehemalige US-Regierungsmitarbeiter eingereicht, in der davon ausgegangen wird, dass diese für Verstöße gegen das Völkerrecht, darunter auch Kriegsverbrechen und Folter, zur Verantwortung gezogen werden können. Die „Bush Six“ werden beschuldigt, zu Folter und grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung angestiftet und diese weiterführend unterstützt zu haben. Zudem werden ihnen schwerwiegende Verletzungen der Genfer Konventionen aus dem Jahre 1949 vorgeworfen. Die mutmaßlichen Verbrechen fanden in amerikanischen Gefangenenlagern, unter anderem in Guantánamo, statt.

Im Oktober 2009 hat der spanische Senat die Möglichkeiten extraterritorialer Rechtsprechungen auf Verbrechen eingeschränkt, die mit dem Land Spanien in Verbindung gebracht werden können und diese nicht in einem anderen für fähig befundenen Land oder vor einem internationalen Tribunal untersucht oder strafrechtlich verfolgt werden. Trotz dieser Einschränkung haben das ECCHR und CCR in ihrem gemeinsam ausgearbeiteten Rechtsgutachten im April 2010 darauf hingewiesen, dass der Fall „Bush Six“ eindeutig die oben genannten Kriterien erfüllt, da (a) das Opfer, das die Beschwerde eingereicht hat – Hamed Abderrahman Ahmed – spanischer Staatsbürger ist; und (b) es bis heute weder eine tatsächliche Untersuchung oder Strafverfolgung der mutmaßlichen Verbrechen gab, noch eine Untersuchung in naher Zukunft absehbar wäre.

In dem im Januar 2011 gemeinsam beim Nationalen Gerichtshof eingereichten Gutachten des Center for Constitutional Rights (CCR) und des ECCHR legen beide Organisationen dar, wie bewusste mangelhafte rechtliche Beratung der Angeklagten sowohl (a) in Bezug auf die Anwendbarkeit der Genfer Konventionen auf Konflikte mit Al Qaida und Taliban, als auch (b) in Bezug auf die Legalität bestimmter Befragungstechniken, die Grundlage für das Begehen internationaler Verbrechen war.

Der „Guantánamo“-Fall
Im April 2009 leitete Richter Baltasar Garzón eine gerichtliche Voruntersuchung ein, die dazu diente, Klarheit über Fälle in US-Gefangenenlagern zu verschaffen, die er selbst als „autorisierten und systematisch geplanten Einsatz von Folter und Misshandlung von Personen“ bezeichnet, „Personen, denen ihre Freiheit ohne jegliche Anklage geraubt wurde und die keinerlei Grund-rechte während ihrer Gefangenschaft hatten, so wie sie von entsprechenden internationalen Konventionen eigentlich vorgeschrieben sind“. Die gerichtliche Voruntersuchung benannte keine möglichen Angeklagten. Im Mai 2010 wurde Richter Garzón suspendiert und durch Richter Ruz ersetzt. Die Entscheidung steht noch aus, ob den Anfragen des CCR und des ECCHR stattgegeben wird, für diesen Fall zugelassen zu werden, um zwei ehemalige Guantánamo-Häftlinge zu vertreten.

Im Januar 2011 reichten CCR und ECCHR beim spanischen Nationalen Gerichtshof ein Dossier über den ehemaligen Befehlshaber in Guantánamo, Geoffrey Miller, ein, das Fakten bezüglich seiner Rolle bei der Folter von Gefangenen in Guantánamo und im Irak vorbringt. Aufbauend auf den Informationen in diesem Dossier fordern CCR und ECCHR, dass Miller in den Zeugenstand geladen werden solle.

Quelle: European Center For Constitutional And Human Rights / ECCHR

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