Spanien untersucht Fälle des US-Folterprogramms
Derzeit
laufen zwei Untersuchungen des spanischen Nationalen Gerichtshofs
Audiencia
Nacional bezüglich
der systematischen Folter und der grausamen, unmenschlichen und
erniedrigenden Behandlung von Gefängnisinsassen, die im Rahmen der
amerikanischen Verhör- und Inhaftierungspraxis nach 2001 angewandt
wurden.
Im
März 2009 wurde eine Strafanzeige gegen sechs ehemalige
US-Regierungsmitarbeiter eingereicht, in der davon ausgegangen wird,
dass diese für Verstöße gegen das Völkerrecht, darunter auch
Kriegsverbrechen und Folter, zur Verantwortung gezogen werden können.
Die „Bush Six“ werden beschuldigt, zu Folter und grausamer,
unmenschlicher und erniedrigender Behandlung angestiftet und diese
weiterführend unterstützt zu haben. Zudem werden ihnen
schwerwiegende Verletzungen der Genfer Konventionen aus dem Jahre
1949 vorgeworfen. Die mutmaßlichen Verbrechen fanden in
amerikanischen Gefangenenlagern, unter anderem in Guantánamo, statt.
Im
Oktober 2009 hat der spanische Senat die Möglichkeiten
extraterritorialer Rechtsprechungen auf Verbrechen eingeschränkt,
die mit dem Land Spanien in Verbindung gebracht werden können und
diese nicht in einem anderen für fähig befundenen Land oder vor
einem internationalen Tribunal untersucht oder strafrechtlich
verfolgt werden. Trotz dieser Einschränkung haben das ECCHR und CCR
in ihrem gemeinsam ausgearbeiteten Rechtsgutachten im April 2010
darauf hingewiesen, dass der Fall „Bush Six“ eindeutig die oben
genannten Kriterien erfüllt, da (a) das Opfer, das die Beschwerde
eingereicht hat – Hamed Abderrahman Ahmed – spanischer
Staatsbürger ist; und (b) es bis heute weder eine tatsächliche
Untersuchung oder Strafverfolgung der mutmaßlichen Verbrechen gab,
noch eine Untersuchung in naher Zukunft absehbar wäre.
In
dem im Januar 2011 gemeinsam beim Nationalen Gerichtshof
eingereichten Gutachten des Center for Constitutional Rights (CCR)
und des ECCHR legen beide Organisationen dar, wie bewusste
mangelhafte rechtliche Beratung der Angeklagten sowohl (a) in Bezug
auf die Anwendbarkeit der Genfer Konventionen auf Konflikte mit Al
Qaida und Taliban, als auch (b) in Bezug auf die Legalität
bestimmter Befragungstechniken, die Grundlage für das Begehen
internationaler Verbrechen war.
Der
„Guantánamo“-Fall
Im
April 2009 leitete Richter Baltasar Garzón eine gerichtliche
Voruntersuchung ein, die dazu diente, Klarheit über Fälle in
US-Gefangenenlagern zu verschaffen, die er selbst als „autorisierten
und systematisch geplanten Einsatz von Folter und Misshandlung von
Personen“ bezeichnet, „Personen, denen ihre Freiheit ohne
jegliche Anklage geraubt wurde und die keinerlei Grund-rechte während
ihrer Gefangenschaft hatten, so wie sie von entsprechenden
internationalen Konventionen eigentlich vorgeschrieben sind“. Die
gerichtliche Voruntersuchung benannte keine möglichen Angeklagten.
Im Mai 2010 wurde Richter Garzón suspendiert und durch Richter Ruz
ersetzt. Die Entscheidung steht noch aus, ob den Anfragen des CCR und
des ECCHR stattgegeben wird, für diesen Fall zugelassen zu werden,
um zwei ehemalige Guantánamo-Häftlinge zu vertreten.
Im
Januar 2011 reichten CCR und ECCHR beim spanischen Nationalen
Gerichtshof ein Dossier über den ehemaligen Befehlshaber in
Guantánamo, Geoffrey Miller, ein, das Fakten bezüglich seiner Rolle
bei der Folter von Gefangenen in Guantánamo und im Irak vorbringt.
Aufbauend auf den Informationen in diesem Dossier fordern CCR und
ECCHR, dass Miller in den Zeugenstand geladen werden solle.
Quelle:
European Center For Constitutional And Human Rights /
ECCHR
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