Echt nett, Frau
Ministerin!
Von Manfred Rouhs
Bundesjustizministerin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat verbindliche rechtliche
Rahmenbedingungen für den Einsatz von V-Leuten der Geheimdienste
gefordert. Die „Welt am Sonntag“ zitiert sie mit der Äußerung,
es sei „unerträglich, dass sie (die V-Leute) in einer rechtlichen
Grauzone operieren. Wenn es schon V-Leute gibt, muss klar sein, was
sie dürfen und was nicht.“ Nicht hinzunehmen sei, dass V-Leute
Straftaten begehen und „dass Informanten staatliche Mittel zur
Stabilisierung der NPD einsetzen“.
Der Vorstoß
der Ministerin datiert vom Jahreswechsel und löste beispielsweise
beim Verfassungsschutz bislang keine positive Reaktion aus. An einer
verbindlichen Klärung der Frage, was V-Leute dürfen und was nicht,
scheint nicht bei jedermann ein Interesse zu bestehen.
Denn die
seit Gründung der Bundesrepublik unklare Rechtslage hat es
Generationen von V-Leuten ermöglicht, Steuergelder zu beziehen für
nicht eindeutig bestimmte Gegenleistungen, die nichts mit
volkswirtschaftlich produktiver Arbeit zu tun haben und die im
Regelfall nicht anstrengend sind. Falsch ist die Darstellung der
linken politischen Szene, der Staat würde über den Einsatz von
V-Leuten den Rechtsextremismus fördern. Richtig ist aber, dass das
System der Vergabe kleinerer Geldbeträge und anderer persönlicher
Vorteile an Zuträger der Geheimdienste nicht nur für Auskünfte,
sondern gerade für die aktive Beschaffung extremistischer
politischer Inhalte offenbar weder geeignet ist, den Extremismus zu
bekämpfen, noch ernsthaft auf dessen Eindämmung abzielt.
Statt
dessen geht es schlicht um finanzielle Abzocke und den Machterhalt
derer, die gerade oben sitzen.
Tritt eine
neue politische Partei auf den Plan, die den Etablierten Konkurrenz
zu machen droht, dann werden die Geheimdienste aktiv. Deren Aufgabe
ist es zunächst, die Partei zu unterwandern und durch Aktivitäten
der V-Leute entweder auf einen diskreditierenden extremistischen Kurs
zu bringen, oder sie durch Scheinaktivitäten zu lähmen. Eine
Variante besteht darin, wirkliche Extremisten in Führungspositionen
zu schleusen und die Partei dadurch in Misskredit zu bringen, ggf.
sogar verbotsreif zu machen. Oder, eine weitere Variante, deren
Funktionsträger zu Wirtschaftsstraftaten zu verleiten, die für das
Projekt ökonomisch das „Aus“ bedeuten.
Mehrfach
waren solche Ansätze erfolgreich.
Die
Sozialistische Reichspartei (SRP) wurde von ihrem Vorsitzenden Dr.
Fritz Dorls auf verfassungsfeindlichen Kurs gebracht und zur
propagandistischen Vorbereitung des KPD-Verbots (wer gegen links
zuschlägt, darf auf dem rechten Auge nicht als blind erscheinen)
vom Bundesverfassungsgericht verboten. Sie wehrte sich juristisch
nicht gegen das Verbot. Dorls war V-Mann des Verfassungsschutzes.
Die
NPD wurde von V-Leuten durchsetzt, die rassistische und
antisemitische Inhalte produzierten, die dem
Bundesverfassungsgericht als Verbotsgründe vorgelegt wurden.
Beispiel für dieses Verhaltensmodell: Der langjährige
nordrhein-westfälische NPD-Funktionär Wolfgang Frenz. Während das
SRP-Verbot 1952 noch glatt durchging, spielte die neue Generation
von Verfassungsrichtern 2003 beim NPD-Verbot nicht mit und stellte
das Verfahren ein.
Die
Republikaner wurden massiv geheimdienstlich zersetzt und über die
Dreifach Strategie „radikalisieren, lähmen und finanziell
ausbluten“ in die politische Bedeutungslosigkeit abgedrängt. Die
Radikalisierung erübrigte sich, als alle Landtagsfraktionen der
Partei verloren gegangen waren.
Die
Grauen wurden von schlechten Beratern zu Wirtschaftsstraftaten
verleitet und ökonomisch liquidiert.
Nur die
Grünen kamen durch, nachdem der Versuch scheiterte, sie über
Provokateure als gewaltbereit in Szene zu setzen. Die personelle
Basis und das Unterstützer-Umfeld der linken ökologischen Bewegung
waren in den 80er Jahren zu breit, um diese Strategie aufgehen zu
lassen. Die Grünen sind mittlerweile als bislang einzige nach 1949
neu gegründete politische Partei parlamentarisch etabliert.
Während
die genannten vier Erfolgsfälle offenbar der Konkurrenzabwehr
dienten, scheint die gut dokumentierte geheimdienstliche Zersetzung
der 1993 neu gegründeten Deutschen Partei eher eine Art
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Agenten zum Zweck der Abzocke von
Steuergeldern gewesen zu sein. Denn die Partei blieb von Anfang an
politisch erfolglos. Ihre Radikalisierung erfolgte trotzdem mit einer
im Verhältnis zu ihrer politischen Bedeutung proportional
umgekehrten Dynamik – bis hin zur Einschleusung von Neonazis.
Die
hauptamtlich tätigen Geheimdienstleute legen – für den Empfänger
steuerfrei – Bargeld auf den Tisch als Gegenleistung für nicht
genau definierte Aktivitäten in einem extremistischen Umfeld. Das
bedeutet umgekehrt: Kein Extremismus – kein Fall für den
Geheimdienst – kein Bargeld. Den Agenten trennen vom Geld nur
einige böse, menschenverachtende, extremistische Äußerungen,
aufgeschrieben auf geduldiges Papier oder aufgesagt unter Zeugen. Da
liegt es nahe, solche Inhalte selbst zu schaffen, um
Beobachtungsgründe zu kreieren, die Bargeld lachen lassen.
Das kann
man sich in der Praxis gar nicht zu banal oder zu primitiv
vorstellen. Dagegen ist RTL2 ein Kulturprogramm. Deshalb drücken wir
Frau Leutheusser-Schnarrenberger ganz fest die Daumen bei ihrem
Bemühen, Spielregeln für den Einsatz geheimdienstlicher V-Leute
gesetzlich verankern zu lassen. Sie wird sich wundern, wie massiv der
Widerstand ist, auf den sie mit diesem Vorhaben treffen wird...
Dank an
nation24.de für Erlaubnis der
Veröffentlichung.
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