Freitag, 10. Februar 2012

Tritt eine neue politische Partei auf den Plan, die den Etablierten Konkurrenz zu machen droht, dann werden die Geheimdienste aktiv


Echt nett, Frau Ministerin!

Von Manfred Rouhs

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat verbindliche rechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von V-Leuten der Geheimdienste gefordert. Die „Welt am Sonntag“ zitiert sie mit der Äußerung, es sei „unerträglich, dass sie (die V-Leute) in einer rechtlichen Grauzone operieren. Wenn es schon V-Leute gibt, muss klar sein, was sie dürfen und was nicht.“ Nicht hinzunehmen sei, dass V-Leute Straftaten begehen und „dass Informanten staatliche Mittel zur Stabilisierung der NPD einsetzen“.
Der Vorstoß der Ministerin datiert vom Jahreswechsel und löste beispielsweise beim Verfassungsschutz bislang keine positive Reaktion aus. An einer verbindlichen Klärung der Frage, was V-Leute dürfen und was nicht, scheint nicht bei jedermann ein Interesse zu bestehen.
Denn die seit Gründung der Bundesrepublik unklare Rechtslage hat es Generationen von V-Leuten ermöglicht, Steuergelder zu beziehen für nicht eindeutig bestimmte Gegenleistungen, die nichts mit volkswirtschaftlich produktiver Arbeit zu tun haben und die im Regelfall nicht anstrengend sind. Falsch ist die Darstellung der linken politischen Szene, der Staat würde über den Einsatz von V-Leuten den Rechtsextremismus fördern. Richtig ist aber, dass das System der Vergabe kleinerer Geldbeträge und anderer persönlicher Vorteile an Zuträger der Geheimdienste nicht nur für Auskünfte, sondern gerade für die aktive Beschaffung extremistischer politischer Inhalte offenbar weder geeignet ist, den Extremismus zu bekämpfen, noch ernsthaft auf dessen Eindämmung abzielt.

Statt dessen geht es schlicht um finanzielle Abzocke und den Machterhalt derer, die gerade oben sitzen.
Tritt eine neue politische Partei auf den Plan, die den Etablierten Konkurrenz zu machen droht, dann werden die Geheimdienste aktiv. Deren Aufgabe ist es zunächst, die Partei zu unterwandern und durch Aktivitäten der V-Leute entweder auf einen diskreditierenden extremistischen Kurs zu bringen, oder sie durch Scheinaktivitäten zu lähmen. Eine Variante besteht darin, wirkliche Extremisten in Führungspositionen zu schleusen und die Partei dadurch in Misskredit zu bringen, ggf. sogar verbotsreif zu machen. Oder, eine weitere Variante, deren Funktionsträger zu Wirtschaftsstraftaten zu verleiten, die für das Projekt ökonomisch das „Aus“ bedeuten.
Mehrfach waren solche Ansätze erfolgreich.
  • Die Sozialistische Reichspartei (SRP) wurde von ihrem Vorsitzenden Dr. Fritz Dorls auf verfassungsfeindlichen Kurs gebracht und zur propagandistischen Vorbereitung des KPD-Verbots (wer gegen links zuschlägt, darf auf dem rechten Auge nicht als blind erscheinen) vom Bundesverfassungsgericht verboten. Sie wehrte sich juristisch nicht gegen das Verbot. Dorls war V-Mann des Verfassungsschutzes.
  • Die NPD wurde von V-Leuten durchsetzt, die rassistische und antisemitische Inhalte produzierten, die dem Bundesverfassungsgericht als Verbotsgründe vorgelegt wurden. Beispiel für dieses Verhaltensmodell: Der langjährige nordrhein-westfälische NPD-Funktionär Wolfgang Frenz. Während das SRP-Verbot 1952 noch glatt durchging, spielte die neue Generation von Verfassungsrichtern 2003 beim NPD-Verbot nicht mit und stellte das Verfahren ein.
  • Die Republikaner wurden massiv geheimdienstlich zersetzt und über die Dreifach Strategie „radikalisieren, lähmen und finanziell ausbluten“ in die politische Bedeutungslosigkeit abgedrängt. Die Radikalisierung erübrigte sich, als alle Landtagsfraktionen der Partei verloren gegangen waren.
  • Die Grauen wurden von schlechten Beratern zu Wirtschaftsstraftaten verleitet und ökonomisch liquidiert.

Nur die Grünen kamen durch, nachdem der Versuch scheiterte, sie über Provokateure als gewaltbereit in Szene zu setzen. Die personelle Basis und das Unterstützer-Umfeld der linken ökologischen Bewegung waren in den 80er Jahren zu breit, um diese Strategie aufgehen zu lassen. Die Grünen sind mittlerweile als bislang einzige nach 1949 neu gegründete politische Partei parlamentarisch etabliert.

Während die genannten vier Erfolgsfälle offenbar der Konkurrenzabwehr dienten, scheint die gut dokumentierte geheimdienstliche Zersetzung der 1993 neu gegründeten Deutschen Partei eher eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Agenten zum Zweck der Abzocke von Steuergeldern gewesen zu sein. Denn die Partei blieb von Anfang an politisch erfolglos. Ihre Radikalisierung erfolgte trotzdem mit einer im Verhältnis zu ihrer politischen Bedeutung proportional umgekehrten Dynamik – bis hin zur Einschleusung von Neonazis.

Die hauptamtlich tätigen Geheimdienstleute legen – für den Empfänger steuerfrei – Bargeld auf den Tisch als Gegenleistung für nicht genau definierte Aktivitäten in einem extremistischen Umfeld. Das bedeutet umgekehrt: Kein Extremismus – kein Fall für den Geheimdienst – kein Bargeld. Den Agenten trennen vom Geld nur einige böse, menschenverachtende, extremistische Äußerungen, aufgeschrieben auf geduldiges Papier oder aufgesagt unter Zeugen. Da liegt es nahe, solche Inhalte selbst zu schaffen, um Beobachtungsgründe zu kreieren, die Bargeld lachen lassen.

Das kann man sich in der Praxis gar nicht zu banal oder zu primitiv vorstellen. Dagegen ist RTL2 ein Kulturprogramm. Deshalb drücken wir Frau Leutheusser-Schnarrenberger ganz fest die Daumen bei ihrem Bemühen, Spielregeln für den Einsatz geheimdienstlicher V-Leute gesetzlich verankern zu lassen. Sie wird sich wundern, wie massiv der Widerstand ist, auf den sie mit diesem Vorhaben treffen wird...

Dank an nation24.de für Erlaubnis der Veröffentlichung.

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