Montag, 25. April 2011

Wasser und Holz

Wasser war es und Holz, was Noe und die Seinen vor Sünde und Tod bewahrte, das Wasser der Sintflut und das Holz der Arche. Christus (der zweite Noe) wird dagegen selber durch Wasser und Holz die Menschheit erlösen, durch das Holz seines Kreuzes und das Wasser der Taufe, das seinem geöffneten Herzen entströmte. Der Vater im Himmel aber nimmt dieses eucharistische Opfer mit unendlichen Wohlgefallen auf.
Eine alte, sündige, lasterhafte Welt ist in den Fluten untergegangen, auferstanden ist eine neue, heilige Welt, die den neuen Menschen, der da Christus ist, tragen darf; in diesem neuen Menschen aber, in Christus, ist aufgestrahlt der neue Gott, von dem der uns die Kunde brachte, der als „der eingeborene Sohn im Schoße des Vaters“ selber ist.
Es gibt heute wieder viele Menschen/Vorbeter/Schriftgelehrte und Pharisäer die behaupten, das Christentum sei aus der Unmenge der damaligen Religionen und Philosophien heraus entstanden, sein Gottesglaube wäre also nicht eigentlich etwas ganz und gar Neues gewesen, sondern nur das geschickte Werk eines großen Religionsstifters, der mit einem feinen Gespür für die Bedürfnisse und Sehnsüchte der Zeit überall, wo es ihm gut schien, Anleihen machte. Demgegenüber kann nicht scharf genug betont werden, dass auch die Gottesidee des Christentums etwas völlig Neues war, und wie ein Jubelruf klingt das Wort des Irenäus: „Sich selbst hat der Herr gebracht und damit alle Neuheit.“ Der christliche Gottesglaube brach ein in eine müde, greisenhafte Welt wie ein sieghafter Sturmwind, der das dunkle Wolkengebilde der unzähligen Götterkulte, der Natur- und Stadtgottheiten wegfegte vom blauen Himmel, so dass sie sich scheu verkrochen in verborgene Winkel, wo sie langsam und klanglos dahinstarben, oder es war wie die Sonne am Morgen, die majestätisch aufsteigt über die dunkle Erde und vor deren Licht auch die hellsten Sterne erbleichen.
Was aber war nun neu an diesem Gottesglauben?
Neu war vor allem die Botschaft von einem Gott.
Wohl waren große Denker schon vor Christus zu dieser Erkenntnis vorgestoßen, aber die große Masse des Volkes hielt immer noch fest am vielgestaltigen Götter- und Dämonenglauben. Als Paulus in Ephesus predigte, wurden anschließend Zauberbücher vernichtet. Der Aberglaube war damals sehr groß und wenn wir den Zeitgeist von heute betrachten, dann ist der Aberglauben wieder zum fast allgemeinen Glauben zurückgekehrt und wütet schlimmer als zu Paulus Zeiten. Wenn man schließlich damals den ganzen Götterhimmel als Kindermärchen abtat und als einzigen Gott höchstens das Schicksal ehrte, so war der öffentliche Götterkult und später die Verehrung der römischen Kaiser als Götter eine Art Bürgerpflicht, der sich niemand entziehen durfte. Das alles änderte sich im Christentum mit einem Schlag.
Mit einer nicht zu überbietenden Klarheit sagt Christus: „Das ist das ewige Leben, dass sie dich erkennen, den allein wahren Gott und den du gesandt hast, Jesus Christus.“
Neu ist die Sicherheit, mit der dieser Glaube verkündet wird. Da ist kein Schwanken und Zweifeln und Grübeln und Forschen mehr, ob es wirklich nur einen einzigen Gott gäbe, sondern mit eherner Unerbittlichkeit schreibt Paulus an die Epheser: „Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in uns allen.“ Und wie groß ist dieser Gott! Er ist nicht so eine lächerliche kleinbürgerliche Stadtgottheit oder Sektengottheit, er beschränkt sein Walten auch nicht auf ein irgendein bevorzugtes Volk, sondern er umfasst alle Völker. Sie alle wird dieser große Gott hinaufführen auf den heiligen Berg, auf dem die Arche des Neuen Bundes steht und auf dem sich erfüllt, was Isaias schaut: „Vernichten wird er auf diesem Berg die Hülle, die alle Völker verhüllt, die Decke, die über alle Nationen gebreitet ist. Er vernichtet den Tod auf immer. Der allmächtige Herr wischt ab die Tränen von allen Gesichtern.“
Und unumschränkter Herr ist dieser Gott über alle Zeiten; da braucht es keinen eigenen Gott mehr für die Zeit, den Aion, und da ist kein Platz mehr für Chronos, den Zeitgott (dessen Götzenbild viele Menschen am Arm tragen und ständig ihm huldigen), der seine eigenen Kinder verschlingt. Alle Götzen und Götter fallen gegenüber diesem einen Gott in ein Nichts: „Vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag, der gestern vergangen ist.“
Das war eine Gottesschau, der gegenüber die Erzählungen von den Eifersüchteleien der olympischen Götter wie einfältige Fabeln wirkten. Wie tief hat diese hohe Gottesbild unsere Vorfahren ergriffen, wenn sie im Hochgesang der Schöpfung und dem ältesten Denkmal der deutschen Sprache, im Wessobrunner Gebet, um das Jahr 800 schrieben: „Da gar nichts war, nicht Ende noch Wende, da war der eine, allmächtige Gott.“
Und dieser eine, ewige, allmächtige Gott hat zu den Menschen gesprochen, er hat sich ihnen geoffenbart „durch die Väter und die Propheten“ in Wort und Schrift. Und das war etwas unerhört Neues. Die ganze Frohbotschaft vom Neuen durchzieht wie ein roter Faden das geheimnisvolle Wort „Offenbarung“. Das Evangelium ist ja nichts anderes als die Offenbarung des Geheimnisses, das seit ewigen Zeiten verborgen war, jetzt aber enthüllt und durch prophetische Schriften auf Anordnung des ewigen Gottes allen Heiden zur gläubigen Annahme kundgetan ist. Dieser Gott hat sich „am Ende dieser Tage“, an der Zeitenwende und ihrer Fülle geoffenbart durch seinen Sohn, der am Kreuze für uns starb.
Diese Botschaft nun ist von einer solchen Kühnheit und Neuheit, dass sie entweder „zum Falle oder zur Auferstehung vieler“ wird. Zum Fall, weil viele an einer solchen Kunde Anstoß nehmen, sie als Beleidigung ihres Verstandes, als Ärgernis empfinden. Zur Auferstehung, weil viele bis ins Innerste erschüttert von diesem Übermaß der göttlichen Liebe, diese Frohbotschaft mit den glühenden Kräften ihrer Seele umklammern, sie zur einzigen Norm ihres Lebens machen und bereit sind, dafür sogar in den Tod zu gehen.
Und dieser eingeborene Sohn Gottes, der im Schoße des Vaters ist, brachte uns die Offenbarung vom dreifaltigen (Emanation) Gott.
An jenem Tage aber, der kein Tag mehr sein wird, sondern eine Ewigkeit, die aufgehen wird über einer neuen Welt, die entsühnt, geheiligt und erneuert ist zwar nicht in einer neuen Sintflut, sondern im allgemeinen Weltbrand, da wird ein ewiger Bogen des Friedens sich wölben am neuen Himmel und wir alle werden ihn sehen, so wie er ist, den neuen Gott, den dreieinigen Gott. Dann wird der eingeborene Sohn Gottes auf dem Berge der Ewigkeit und auf dem Altar des Himmels als das Lamm erscheinen, das dasteht „wie geschlachtet“, um den Vater das immerwährende Dankopfer der Erlösung darzubringen. In jenem Bogen des ewigen Bundes aber wird schweben die Taube des Heiligen Geistes mit dem Ölzweig ewigen Friedens; niemals mehr kehrt der Rabe zurück; denn ein für alle mal ist abgetan das schwarze Zeitalter der reißenden Tiere und der Friede des Lammes und der Taube leuchten fortan.
Verstehen wir jetzt den Sehnsuchtsruf der Menschheit: „Komm uns zu erlösen, Herr, unser Gott!“

Ostern 2011

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