Mittwoch, 25. Januar 2012

Der letzte Tag an dem die Marktwirtschaft funktionierte, war der Tag, an dem Lehman Brothers pleiteging


O-Ton Helmut Schmidt
Wenn man sich unter Regulierung nur die Trennung von Investment- und Kreditbank vorstellt, dann reicht das nicht. Aber nehmen Sie zum Beispiel die fabelhaften Ratingagenturen, die alle diese wunderschönen Derivate begutachtet haben. Und wenn zum Beispiel in Deutschland eine Sparkasse auf ein amerikanisches Derivat hereingefallen sein sollte und es außerdem den eigenen Sparkassenkunden verkauft haben sollte, dann liegt es letzten Endes daran, dass zum Beispiel unsere Wirtschaftsprüfer oder unsere Aufsichtsräte den amerikanischen Ratingagenturen geglaubt haben. Dazu muss man wissen, dass sich diese Ratingagenturen finanzieren von denen, die sie begutachten sollen. Schon allein dieser Interessenkonflikt in der Konstruktion der vier amerikanischen Ratingagenturen müsste einen normalen Menschen höchst stutzig machen. Das müsste Verdacht erwecken. Jetzt im Augenblick sind sie wieder ganz obenauf und bescheinigen europäischen Regierungen, dass sie nicht mit AAA, sondern vielleicht nur noch AA bewertet werden. Das ist ein bisschen reichlich anmaßend nach der absolut schiefgegangenen Performance der vier Agenturen in den Jahren 2007 und 2008.
(24. November 2011 /Handelsblatt)

Na, noch nicht die Augen rot gerieben?
Jetzt, und noch ist der ESM nicht in Kraft getreten, spricht man bereits von einer Billion (tausend Milliarden Euro) Euro die der zukünftige Dauerrettungsschirm (also eine Art Sonnenliege mit nationalen Handtuch darauf) umfassen soll. Selbst diese gigantische Summe finden inzwischen einige unkende Kröten als zu schwach. Während in Davos diskutiert wird: Was machen wir mit dem toten Pferd und wer hat Schuld, der Reiter oder das Roß ( Staatskapitalismus vs westliches Wirtschaftsmodell), sagt die Weltbank via einer Studie: Die Europäer arbeiten zu wenig Stunden pro Woche, sie arbeiten zu wenig Wochen pro Jahr und arbeiten zu wenig Jahre in ihrem Leben.
Na, noch nicht die Augen rot gerieben?
Die Weltbank sagt uns das, so so. Herr Zoellick hat da so Wunschvorstellungen. Schön von Bankstern zu hören wie wir leben sollen, wie wir arbeiten sollen. Fehlt nur noch wann wir abtreten müssen. Nun wird ja Griechenland schon ein Jahr hin und her gerettet. Ständig werden neue Geldausgabepakete erfunden und nichts greift wirklich. Nun kommt Zoellick (wen wunderts, die Weltbank eben) mit der alten und gefährlichen Kamelle: Euro-Bonds zur Schuldentilgung, wieder auf die Bühne.
Halten wir fest:
Die Bankster sagen der Politik was sie machen müssen. Die Politik hat den Banken immer bis zur Lehman Brothers Pleite wie ein williger Diener deren Wünsche erfüllt. Nun sind etliche Banken pleite weil sie zu gierig waren.
Jetzt retten Politiker die Banken mit jenem Geld, das sie sich vorher bei den Banken geliehen haben. Der eine hebelt den anderen aus der Patsche. Dafür wird er dann rekapitalisiert.
Das alles ist nicht Marktwirtschaft, sondern Verrat an ihren Prinzipien. Die Märkte sind nicht enthemmt, sondern außer Kraft gesetzt. (Gabor Steingart / Handelsblatt)
Also über was wird da in Davos eigentlich diskutiert?
Na, noch nicht die Augen rot gerieben?
Dieses neue Jahr birgt einige Zeitbomben. Ein kurzer Auszug:
Frankreich / Januar 49,5 Milliarden Euro fällige Staatsanleihen
Italien / Februar 53,1 Milliarden Euro fällige Staatsanleihen
Frankreich / Februar 36,2 Milliarden Euro fällige Staatsanleihen
Italien / März 44,2 Milliarden Euro fällige Staatsanleihen
Frankreich / April 34,4 Milliarden Euro fällige Staatsanleihen
Italien / April 44,5 Milliarden Euro fällige Staatsanleihen
Spanien / April 22,7 Milliarden Euro fällige Staatsanleihen

In Richtung Davos kann man rufen:“Nichts von Island gelernt?“
Zur Erinnerung.
Ein Prachtbeispiel für unersättliche Gier nach immer mehr Geld.
In den 90er Jahren hielt der Neoliberalismus Einzug in Island. 2000 wurde die Wirtschaft vollends dereguliert. Internationale Großkonzerne durften Islands Naturschätze plündern. Drei Jahre später wurden alle isländische Banken privatisiert. Das Paradies sei ausgebrochen, dachten damals die Isländer. Was jedoch verdrängt wurde war – es war ein Leben auf Pump (siehe andere EU-Länder dazu). Das zehnfache der Wirtschaftskraft des Landes hatten sich Banken innerhalb von fünf Jahren geliehen, über 120 Milliarden Dollar. Aktienkurse, Immobilien und Lebenshaltungskosten schnellten in die Höhe und alle waren im Geldregen-Rausch. Amerikanische Super-Experten, sogenannte Ratingagenturen belohnten den neoliberalen Kurs der isländischen Banken und setzen das Land auf A A A. Zur gleichen Zeit hatte sich Island bereits eine Staatsverschuldung auf das Neunfache des Bruttosozialprodukts angesammelt. Doch jeder Investor, so nennt man einen großen Teil der Gierigen, wollte am isländischen Kuchen mitverdienen. Und die von deutschen Wortblasenerzeuger immer gerne in den Mund genommene „Finanzaufsichtsbehörde“ hatte im Fall Island nichts einzuwenden. Dann kam Lehman Brothers und Island viel direkt durch das schwarze Loch. Hinterlassene Schulden: 100 Milliarden Dollar. Innerhalb von sechs Monaten verdreifachte sich die Arbeitslosigkeit.
Dann kam das isländische Volk zum Zuge.
Zuerst wollten jedoch die internationalen Geldgeber (fast nur Private) der isländischen Bevölkerung drastische Sparmaßnahmen aufbürden. Natürlich zum Vorteil: Die Bank gewinnt immer! Faktisch hätte Island seine Unabhängigkeit dabei verloren. Dann ging das Volk auf die Straße (nichts zu hören und zusehen in den Systemmedien der Banken-BRD) und zwangen durch Straßenkämpfe und vehemente Proteste die Regierung zum Rücktritt. Und der ehemalige isländische Premierminister Geir Haarde musste letzten Jahres (als erster Politiker in ganz Europa) vor Gericht sich verantworten. Die nachfolgende Regierung wollte ein Gesetz verabschieden, das jeden Isländer durch Steuererhöhungen dazu verpflichtet hätte, monatlich 100 Euro zuzüglich 5,5 Prozent Zinsen an die ausländischen Geldgeber zu zahlen – und das fünfzehn Jahre lang. So hätte auch auf der Vulkaninsel das Volk für die Geldgier der Privatbanker und ihre Schulden bluten sollen. Doch das isländische Staatsoberhaupt verweigerte die Ratifizierung und forderte die Bürger zum Referendum auf, welches die Isländer im April 2010 mit 93 Prozent annahmen. Die ausländischen Gläubiger schäumten und das britische Außenamt drohte sogar, sämtliche isländische Privatkonten auf englischen Banken einzufrieren. Davon unbeeindruckt leitete die isländische Regierung auf Druck der Straße eine Untersuchung gegen die verantwortlichen Bankmanager ein, worauf diese fluchtartig das Land verließen. Ex-Kaupthing-Präsident Sigurdur Einarsson wurde sogar über Interpol gesucht.

Inzwischen hat sich der isländische Staat gut erholt, sein Haushaltsdefizit liegt bei ca. 2,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Was Island tat war richtig. (Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz)

In dem 2010 gewählten Verfassungsrat (25 Personen) über direkte Wahl, war kein Mitglied Politiker (!) oder verbandelt mit einer NGO. Die öffentlichen Sitzungen wurden im Internet übertragen.
Na, die Augen schon rot gerieben?
Verstehen Sie jetzt (ja es geht wieder persönlich gegen Sie) warum die Propagandamedien darüber nicht berichteten? Vielleicht sollten Griechen, Deutsche, Italiener, Franzosen, Spanier (die sind allerdings sehr zahlreich auf die Straße gegangen), Portugiesen und Briten sich dies nicht als Beispiel nehmen und auf die gleiche Idee kommen. Deshalb reist unsere Alternativlose-Kanzlerin und ihr Gefolge ständig in der EU herum um zu dichten (im Sinne von abdichten).
Verstehen Sie jetzt was da die IWF-Chefin Christine Lagarde da von Griechenland wirklich verlangt? Den öffentlichen Haushalt weitgehend in private Hand zulegen.
Mitte 2012 soll über die neue isländische Verfassung abgestimmt werden.

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