Montag, 9. Januar 2012
Geld wurde vorher nicht gehandelt und trotzdem gab es Wirtschaft, auch internationale Wirtschaft
3 Sat:
Ich lese in
Ihrer Zeitschrift „Die Gazette“: Wenn es keine Schulden gäbe,
gäbe es auch kein Geld. Können Sie uns das erklären?
Fritz
Glunk: (ehemaliger Mitarbeiter des Goethe-Instituts, Publizist und Literaturwissenschaftler)
Ich bin
nicht sicher ob ich das erklären kann. Man muss wissen das Geld erst
entsteht wenn jemand einen Schuldvertrag unterschrieben hat. Er geht
zu einer Bank und sagt, ich hätte gerne etwas Geld, ich brauche
einen Kredit, hier ist der Kreditvertrag, ich verpfände auch mein
Haus und jetzt möchte ich bitte Geld haben. Dann ist das am nächsten
Tag auf seinem Konto. So entsteht Geld. Die Bank hat den
Schuldvertrag, der Kreditnehmer hat das Geld auf dem Konto. Es ist
entstanden aus nichts. Es war vorher nicht da. Ich muss zugeben, dass
das sehr schwierig zu verstehen ist, aber es ist das wie heute alle
Banken funktionieren.
3 Sat:
Aber woher
haben die Banken das Geld, wo ist die Quelle, der Ursprung des
Geldes?
Fritz
Glunk:
Die Frage
zeigt, das ich mich noch nicht richtig erklärt habe. Es gibt keine
Quelle des Geldes. Das Geld war vorher nicht da, es ist nicht zur
Bank gekommen und die Bank hat es dann dem Kreditnehmer gegeben,
sondern die Bank schafft dieses Geld. Wie ein Schöpfungsakt. Sie
macht dieses Geld und dafür dann den Kreditvertrag in der Tasche.
Es gab das Geld vorher nicht. Es gibt keine Quelle.
3 Sat:
Der Kredit
ist also das Geld, aber welche Konsequenzen lassen sich daraus
ziehen?
Fritz
Glunk:
Die
Konsequenz bedeutet, das es ohne Kredit kein Geld gibt und ohne Geld
keinen Kredit geben kann. Die Beiden bedingen einander, man kann
sagen zwei Seiten einer Medaille. Es sind Versprechen von beiden
Seiten. Der Kreditnehmer verspricht den Kredit zurückzubezahlen und
die Bank verspricht, sie tut es dann auch, ihm das Geld auf sein
Konto gutzuschreiben. Diese beiden Dinge bedingen einander und
entstehen gleichzeitig. In einem Verfahren, mit einer Buchung und der
Entgegennahme des Kreditvertrages. Mehr ist nicht zusehen dabei. Und
das Ding funktioniert ja auch halbwegs.
3 Sat:
Sie
präsentieren im Heft auch eine Lösung für die Weltfinanzkrise, die
Schulden werden einfach gestrichen. Aber was dann?
Fritz
Glunk:
Die
historische Antwort darauf ist, dann passiert relativ wenig bis gar
nichts. Wir haben wahrscheinlich gar nicht mitgekriegt das
Beispielweise Argentinien gesagt hat, wir zahlen unsere Schulden
nicht mehr. Wir haben auch kaum mitbekommen das verschiedene reiche
Länder Entwicklungsländer die Schulden erlassen haben zu 50 Prozent
oder sogar ganz. Wir haben auch nicht mitbekommen, das Russland nach
dem Zusammenbruch des Kommunismus, mindestens einmal einen
Staatsbankrott hingelegt hat. Das merken wir gar nicht, sondern das
Leben und auch der Handel, der ganze Geldhandel geht wie vorher
weiter.
3 Sat:
Wäre ein
Verbot mit Geld als Ware zu handeln ein Lösungsansatz für die
Weltfinanzkrise?
Fritz
Glunk:
Die Antwort
darauf ist ja. Es wird nur keiner tun, weil das handeln mit Geld und
Geldderivaten, und Geldversprechen, und Schuldtiteln und wie die
Dinge alle heißen, immer noch so ergiebig ist, wenn auch nur
kurzfristig, das es nicht abzusehen ist das irgendein Kreditinstitut,
wie diese Akteure heißen, darauf verzichten möchte. Wir müssen
bedenken das erst seit kurzem, seit 200 Jahren, drei Dinge gibt die
gehandelt werden können. Vorher waren die dem Handel entzogen. Diese
drei Dinge sind, Grund und Boden, die Arbeitskraft und das Geld.
Geld wurde vorher nicht gehandelt. Und trotzdem gab es Wirtschaft
und internationale Wirtschaft. Und die könnte es auch geben ohne
das es einen Handel mit Geld gibt.
3 Sat:
Wenn alles
in der Gesellschaft nur mehr nach monetären Wert gemessen wird, was
bleibt dann als menschliche Qualität über?
Fritz
Glunk:
Nicht mehr
viel. Die pessimistische Variante der Antwort heißt: Kaufen Sie
Handfeuerwaffen und Konservendosen. Die weniger pessimistische
Antwort wäre: Organisieren Sie Ihre Nachbarschaft in eine
Selbstversorgungsgenossenschaft. Besprechen Sie sich mit ihnen ab,
wenn die große Krise kommt, was zusammen getan werden kann. Diese
kleinräumigen Selbstorganisationen, mit oder ohne Regionalgeld oder
einen Tauschring, oder welche Veranstaltungen auch noch möglich
sind, das ist eine gewisse Hoffnung die ich in die Entwicklung der
nächsten zehn bis zwanzig Jahre noch setze.
(Interview vom 22.12.2011 in der
Sendung Kulturzeit 3 SAT)
Eingestellt von PPD am Montag, Januar 09, 2012 Labels: Wahrheit ist immer einfach
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