Mittwoch, 6. Juli 2011

Die geheimen Akten der Bundesregierungen

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"In den Geheimarchiven der Bundesregierung, nach meiner Schätzung, nur um eine Zahl zu nennen die man sich noch vorstellen kann, 7,5 Millionen geheime Dokumente schlummern.“
(Josef Foschepoth / Historiker)
Der Historiker hat jahrelang gekämpft um Zutritt und Akteneinsicht zu bekommen. Dafür wurde er auch von Agenten des Verfassungsschutzes durchleuchtet. Nur unter Bewachung darf er in die geheimen Akten sehen. Ob Unterlagen daraus wissenschaftlich verwenden darf, muss er sich noch einmal genehmigen lassen, selbst wenn diese aus den 50er Jahren stammen.
So hat der Historiker entdeckt, dass die (festhalten) Bundesrepublik jahrzehntelang die Post ihrer Bürger öffnete – illegal und am Grundgesetz vorbei.
Der Historiker geht von 250 Millionen Postsendungen aus, die in den ersten 20 Jahren der Bundesrepublik aus der DDR und in die DDR und Osteuropa allgemein geöffnet wurden und anschließend wieder in den Postverkehr zurück verbracht wurden. Aber dabei wurden sie kopiert, ausgewertet und zensiert.

Gaby Weber Journalistin: / Nachfrage beim Bundesnachrichtendienst:
„Der Vorteil war, dass ich sie kalt erwischt habe. Sie sind natürlich so selbstsicher, dass sie als ich die erste Anfrage gestartet habe; ich habe gefragt nach den Akten zu Adolf Eichmann in Argentinien, dass die mir gesagt haben 'ja, ja wir haben ganz viel, wir haben viereinhalb tausend Blatt und die werden wir Ihnen niemals geben, die sind Geheim.“

Was wusste der BND über den Kriegsverbrecher Adolf Eichmann? Diese Frage will Frau Weber trotz verwehrter Akteneinsicht beantwortet haben und hat einen Anwalt (Reiner Geulen) eingeschaltet und sind vor Gericht gegangen. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, die Akten müssen vorgelegt werden. Akten wurden dann vorgelegt aber zum Teil mit völlig geschwärzten Seiten (siehe Video).
So sieht die Geschichtsaufarbeitung bei Bundeskanzleramt und Bundesnachrichtendienst aus, trotz Gerichtsbeschluss.
Dazu der Anwalt Reiner Geulen:
„Das ist eigentlich nicht akzeptabel, die Beteiligten sind alle längst gestorben es geht hier um Zeitgeschichte, aber es muss auch deutlich aufgeklärt werden, das die frühere Bundesrepublik eben eine starke Kontinuität mit der Nazi-Zeit hatte vor allem im Beamtenapparat und übrigens auch in den Denkweisen.“

Überwachungsräume in westdeutschen Postämtern, in großen Stil angezapfte Telefonleitungen. Die offizielle Geschichtsschreibung kennt diese Kapitel bisher nicht. Die staatliche Geheimhaltung von historischen Vorgängen dieser Art hat System meint Josef Foschepoth:
„Dahinter steckt letztendlich immer doch noch die Mißachtung der Bürgerrechte oder das Misstrauen das dem Bürger dem Staat gegenüber erst mal entgegen gebracht wird. Und deswegen muss er gewissermaßen über x-Barrieren der Geheimhaltung, der Verschlusssachen davon abgehalten werden das er sich mit Fragen beschäftigt mit denen er sich nicht beschäftigen soll.“

Die Journalistin Gaby Weber gibt nicht auf, recherchiert immer weiter. Aus dem Fall Eichmann wird der Fall Adenauer. Weber entdeckt einen Kredit über 630 Millionen DM der Israel im geheimen gewährt wurde. Bestechungsgeld? Damit im Eichmann Prozess nicht die Nazi-Vergangenheit von Adenauers Staatssekretär Globke erwähnt wurde?
Und wieder wird Frau Weber Akteneinsicht verwehrt.
Frau Weber:
„Da ging es um die Unterlagen von Hans Globke, die hat Globke als er aus dem Amt geschieden ist einfach mit nach hause genommen. In meinen Augen ist das Diebstahl, weil so Unterlagen haben immer dem Bund gehört und nicht einem Beamten. Als er dann gestorben ist hat seine Tochter die der Adenauer-Stiftung vermacht aber mit der Bedingung, dass sie dann darüber entscheiden würde wer da Zugang dazu hätte.“
Nun liegen Globkes Akten hier , bei Prof. Dr. Hanns Küsters dem Archivar der Konrad Adenauer Stiftung, auch Geheimakten sind darunter. Das nicht der Staat sondern Privatpersonen über Dr. Globkes Einsicht entscheiden, das sei nun mal gängige Praxis.

Hannes Küsters:
„Wir versuchen natürlich auch in dem Fall die Nachlaßgeber zu beraten. Ihnen zu sagen, bitte überlegt, wenn ihr meint äh man sollte hier bestimmte Leute an Akten nicht ran lassen ob das wirklich sinnvoll ist.“

Ursula von der Leyen hat vor kurzem Ordner mit dem Bundesadler vorbeigebracht. Was staatlich ist und was privat, damit nehmen es die Politiker nicht so genau, sagt Hanns Küsters. Wie viel Geheimsachen in seinem Keller schlummern, da ist der Archiv-Direktor überfragt.

Frau Weber:
„Also ich meine, die verhalten sich wie so mittelalterliche Duodezfürsten die entscheiden so nach Gutdünken was das Volk so sehen darf und was nicht. Also irgendwie leben wir in der Demokratie und das Volk hat bestimmte Rechte und die möchte ich gerne einklagen.“

Deshalb hat Frau Weber den Direktor des Bundesarchiv verklagt, das dafür sorgen soll, dass sie die Globke-Akten doch noch sehen kann. Schließlich gehörten die ja dem Staat.
Michael Hollmann, Direktor Bundesarchiv:
„Das ist eine kommode Situation aber die ist fachlich hoch interessant und sie dürfen sowohl die Wissenschaft als auch die Publizistik sehr stark betreffen, weil das ja einen gewissen Grundsatzcharakter haben könnte was da geschieht.“

Noch immer entscheidet Helmut Schmidt persönlich, wer in die Handakten seiner Kanzlerschaft schauen darf. Er wird diese Jahr 93. Auch Helmut Kohl ist Hüter seiner eigenen Geschichte. Wenn das Gericht Gaby Weber recht gibt, müssten die Ex-Politiker staatliche Akten raus rücken. Auch Josef Foschepoth kämpft weiter: dafür das staatliche Akten die älter sind als 30 Jahre generell freigegeben werden. Denn noch liegen sie hier, auf dem Kasernengelände der Elitetruppe GSG 9, schwer bewacht und uneinsehbar.

Quelle: 3sat / Bericht: Clemens Riha

Und ich Trottel habe als Soldat eine Eid geleistet auf diese Republik im Glauben an einen Rechtsstaat.

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