Donnerstag, 12. April 2012

Ich habe den Verdacht, dass die bloße Anwesenheit von Fremden eine noch stärkere Belastung bedeutet als Lärm



Vorsicht: Die zitierten Auszüge aus unten aufgeführten Buch sind heute teilweise politisch unkorrekt. Was vor 40 Jahren noch normal auszusprechen war, ist heute ein Politikum. Ein gewolltes. Sollten wir es deshalb missachten? Kann das gestrige immer nur falsch sein. Dann sind alle älteren Menschen und ältere Tiere, Pflanzen auch falsch.

Die Verhältnisse in den Großstädten
Die physischen Bedingungen in Großstädten sind im allgemeinen schlechter als in Kleinstädten... Zahlreiche Krankheiten treten in den Großstädten beträchtlich häufiger auf, und zwar nicht die einfachen Infektionskrankheiten. So ist das Vorkommen von Bronchialkarzinomen (Lungenkrebs) in Städten mit einer Million und mehr Einwohnern genau doppelt so häufig wie auf dem Land, auch Bronchitis tritt viel häufiger auf.
Noch bedenklicher sind die Ziffern für Kriminalität und Geisteskrankheiten... Es stellt sich die Frage. Ob das Leben in der Großstadt die hohen Zahlen verursacht oder ob die Kranken, Selbstmordgefährdeten und Alkoholiker auf Grund ihrer psychischen Situation besonders von der Großstadt angezogen werden. Doch der allmähliche Abfall vom Stadtkern nach der Peripherie macht diese Deutung unwahrscheinlich, gründliche Untersuchungen zeigten, dass die Quoten deutlich vom Grad der sozialen Organisation abhängen. So lagen die Zahlen bei Polen der ersten Generation mit wohlgeordneten Familienleben verhältnismäßig gut; Polen der zweiten Generation, zwischen zwei Kulturen hin- und hergerissen , waren häufig verunsichert. Unter Schwarzen wiederum Psychosen selten, wenn sie in Bezirken mit lauter Schwarzen wohnten; lebten sie in gemischten Bezirken, so waren die Psychosen zahlreich. Selbst normale Erwachsenen unterliegen einem Verfall der Persönlichkeit, wenn sie völlig isoliert werden. Spätere Studien in anderen Städten verstärkten diesen Eindruck, doch müsste das Phänomen der sozialen Organisation in Großstädten noch wesentlich intensiver untersucht werden...
Eine Stadt entwickelt mit der Zeit ein Sozialgefüge. Das rasche Wachstum bringt Probleme mit sich, besonders wenn dieses mit Ein- und Auswanderungsbewegungen sowie zwischen einzelnen Bezirken einhergeht. Genau die gleichen Zeichen der Orientierungslosigkeit findet man in den neuen Wohngegenden in England. Auf eine Welt, die unverständlich und willkürlich erscheint, reagiert der Mensch mit Hinwendung zum Glauben an magische oder irrationale Kräfte; sein Handeln wird planlos und von momentanen Launen geprägt.
Kurz, es scheint sicher, dass die Großstädte, die in der unmittelbaren Zukunft wie Pilze aus der Erde schießen, von Kriminalität und Geistesstörungen verschiedener Art verseucht sein werden.. Beide sind Anzeichen von starkem Stress. Personen, die davon befallen sind, werden sich wahrscheinlich weniger vermehren. Doch die Großstädte bedeuten über ihre soziale Fehlorganisation hinaus eine Belastung und ein großes Risiko für Gesundheit...
Eine der Belastungen, denen man in der Stadt ausgesetzt ist, ist der Lärm. Wir sind schlecht ausgerüstet, ihn zu regulieren, da seine Auswirkungen nur schwer in Zahlen zu fassen sind....
Wenn die Mutter während der letzten Schwangerschaftsmonate besorgt oder unausgeglichen ist, so wird man die Wirkungen am Kind sehen, etwa unbegründete Ängstlichkeit oder übertriebene Aktivität im Alter von zwei oder drei Jahren... „Es scheint nicht unwahrscheinlich, dass sich nicht nur Erwachsene gegen gefährliche Stresssituationen auflehnen. Der Fötus, der nicht für sich sprechen kann, hat vielleicht weitaus mehr Grund dazu.“ Andere Versuche zeigen, dass mütterliche Ängste dieser Art tatsächlich vererbt werden können. Diese erst unlängst entdeckten Tatsachen demonstriert wieder einmal, wie wenig Gedanken wir uns über mögliche Gefahren, die unser System bedrohen, machen, bis die Folgen nicht mehr länger mit einen Achselzucken abgetan werden können.
Ich habe den Verdacht, dass die bloße Anwesenheit von Fremden eine noch stärkere Belastung bedeutet als Lärm. Viele Sprachen haben für „der Fremde“ und „der Feind“ dasselbe Wort... In der Stadt treffen wir jeden Tag ununterbrochen mit fremden Menschen zusammen, von denen tatsächlich einige, ob aus Bosheit oder Unachtsamkeit, eine Bedrohung darstellen können. Es gibt einige psychiatrische Arbeiten, die den Gedanken stützen, dass jeder Fremde bis zu einem gewissen Grad eine unbewusste Warnung hervorruft, die wir vor uns selbst durch verschiedene konventionelle Formeln verbergen. Jeder Reisende weiß, wie anstrengend es ist, tagtäglich in ungezwungener Weise mit Fremden zusammenzukommen, so freundlich diese auch sein mögen. Vermutlich würden entsprechende Untersuchungen zeigen, dass die Menschen die Zahl solcher Kontakte begrenzen möchten und dass die Städte ihre Bewohner dadurch Belastungen aussetzen, indem sie sie immer wieder zur Mißachtung dieser Grenzen zwingen.
Da es auf diesem Gebiet keine Forschungsergebnisse gibt, sind wir darauf angewiesen, die Pathologie der Überbevölkerung bei Tieren zu studieren.
( Gordon Rattray Taylor /Auszug aus: Das Selbstmordprogramm – Zukunft oder Untergang der Menschheit/ The Doomsdaybook / S. Fischer Verlag 1971 )
Das Buch ist nur noch im Antiquariat oder Gebraucht-Handel erhältlich. Sie sollten es lesen.

Die Zeit schrieb über das Buch: Taylor schildert sachkundig die revolutionären Entwicklungen, die in der Biologie für die nächsten Jahrzehnte zu erwarten sind, und schätzt die Zeitspannen ab, die nach seiner Ansicht für die Verwirklichung nötig sind... Um seine Mitmenschen zu informieren, was die Zukunft für sie bereithält, hat Taylor sein Buch geschrieben – kenntnisreich, verständlich, temperamentvoll.
Die FAZ schrieb: Das Buch ist gut!... Eine ebenso seriöse wie erschütternde Dokumentation aus den Laboratorien, die unser Leben in Zukunft einschneidend verändern werden.

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