Mittwoch, 25. April 2012

Im Gegensatz zu seiner Behauptung wird die christliche Verfolgung tatsächlich und hauptsächlich durch die Besatzung verursacht, die systematisch alle Palästinenser degradiert



Übersetzt von Ellen Rohlfs
Herausgegeben von Susanne Schuster


Kairos Palästina, eine Gruppe palästinensischer Christen, die Co-Autoren des Dokumentes Ein Moment der Wahrheit“ waren, verurteilen Michael Orens kürzlich (9.3.) im Wall Street Journal veröffentlichten Artikel. In diesem ungenauen und manipulierten Text gibt Oren, Israels Botschafter in den USA, den palästinensischen Muslimen die Schuld am Elend der palästinensischen Christen – statt der illegalen israelischen Besatzung, die unsere Realität ist.

Wir fügen unsere Meinung zu mehreren anderen veröffentlichten Antworten, die diese Realität und die Art und Weise betonen, mit der Orens Artikel versucht, diese zu verdecken. Im Gegensatz zu seiner Behauptung wird die christliche Verfolgung tatsächlich und hauptsächlich durch die Besatzung verursacht, die systematisch alle Palästinenser degradiert, unsere Bewegung einschränkt, unser Land konfisziert, unsere Wirtschaft zerstört und unsere Rechte verletzt – einschließlich dem grundsätzlichen Recht auf ein ordentlichen Leben.
Wir sind besonders besorgt von Orens Beitrag zur Auswanderung innerhalb der palästinensischen christlichen Gemeinschaft wegen schlechter Behandlung durch palästinensische Muslime. Diese schädigende Analyse ignoriert bewusst die zugrunde liegende politische Unterdrückung, die Christen wie Muslime in gleicher Weise belasten. Im Falle von Bethlehem z.B. ist es die Tatsache des galoppierenden Baus von israelischen Siedlungen, der Abwürgung durch die Mauer und der Landkonfiszierung durch die israelische Regierung, meistens das Land von Christen, was viele Christen aus dem Land getrieben hat. Gegenwärtig sind nur 13 % des Landes im Raum Bethlehem für palästinensische Bewohner übrig geblieben.
Orens Artikel enthüllt auch eine beunruhigende Vorstellung von Demokratie selbst, besonders da er auf dem demokratischen Charakter Israels besteht. Beim Versuch, ein Schlaglicht auf die Art und Weise zu werfen, wie Israel angeblich versucht, das Überleben der christlichen Gemeinde zu schützen und ihren Wohlstand zu unterstützen, deutet Oren Israels Mangel an Interesse an, dasselbe gegenüber den Muslimen zu machen. Demokratie ist nicht selektiv. Jeder demokratische Staat, der sich darüber Gedanken macht, seine eigenen Ideale zu erfüllen – und vor allem jeder Botschafter eines solchen Staates – würde sich solch einer offensichtlich verdrehten Einstellung gegenüber seinen Bewohnern und ihren Rechten  schämen.
Wir sind genau so verwundert von Orens lächerlicher Prahlerei, dass Israel „trotz der Notwenigkeit, seine Grenzen vor Terroristen zu schützen, an Feiertagen den Christen Zugang nach Jerusalem erlaubt.“ Tatsächlich ist es hauptsächlich ein Skandal der Besatzung, dass jeder einen Passierschein benötigt, um die Stadt zu besuchen: eingeschränkte Bewegungsfreiheit gehört zu den grundsätzlichen Ungerechtigkeiten, die unser Leben behindern. Außerdem wird nicht jedem ein Passierschein gewährt (auch nicht an religiösen Feiertagen), und wenn er gewährt wird, dann kann das israelische Militär an den Checkpoints dies jederzeit ungültig machen.
Wir hinterfragen auch den Zeitpunkt von Orens Artikel und seinen hartnäckigen Versuch, den Staat Israel als toleranten Staat gegenüber Christen darzustellen – eine irrige Behauptung, die wir täglich erleben. Oren beginnt seinen Artikel mit einer Beschreibung eines Hamasgraffito an der Mauer einer Bethlehemer Kirche 1994. Aber er erwähnt nicht die hebräischen Graffiti („Tod den Christen“, „Jesus ist tot“ u.a.), die an Jerusalemer Kirchenmauern vor einigen Tagen und im letzten Monat zu lesen waren. Die Schrift  an der Wand sagt mehr aus als Orens Weißwäsche, um die Feindseligkeit zu verdecken, mit der palästinensische Christen – und alle Palästinenser – in der augenblicklichen Realität der Besatzung unterworfen sind.
Auf jeder Ebene muss Orens Hinweis bis an die Wurzeln der Ursachen analysiert werden, da er sich weigert, sie offen zu legen. Wenn er erwähnt, wie die Geburtskirche von Bewaffneten bewohnt und geplündert wurde, vergisst er die israelischen Panzer zu erwähnen, die die Kirche von außen beschossen. Während er auf die jetzigen religiösen Spannungen zu sprechen kommt, versäumt er zu sagen, dass Christen und Muslime während der letzten 1500 Jahre ohne größere Probleme neben einander gelebt haben – und dass wir nach der Schaffung des Staates Israel 1948  mehr als 100 000 Christen tatsächlich übernacht verloren haben. Und die stärksten und tiefsten Ursachen sind die des Kolonialismus? Auch dies wird nicht eingestanden. Die US-Invasion in den Irak z.B. hat den christlich-muslimischen Beziehungen in aller Welt einen ernsteren Schaden zugefügt als alles, was in Orens Artikel erscheint.
Als Kairos Palästina weisen wir Orens Art zurück, wie er unsere Marginalisierung definiert; wir weigern uns, gegen unsere palästinensischen (muslimischen) Nachbarn und Freunde ausgespielt zu werden; und wir weigern uns, dass unsere kollektive Unterdrückung in einer Weise manipuliert wird, dass sie uns trennt oder die wahre Ursache der Unterdrückung verschleiert: die israelische Besatzung.




Danke Tlaxcala
Quelle:
http://www.alternativenews.org/english/index.php/topics/opinion/4212-kairos-palestine-israeli-ambassador-manipulate-christian-reality
Erscheinungsdatum des Originalartikels: 17/03/2012
Artikel in Tlaxcala veröffentlicht: 
http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=7196



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