"Jetzt
aber, weil aus meinem Land, das von ureigenen Verbrechen, die ohne
Vergleich sind, Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch mit flinker Lippe als
Wiedergutmachung deklariert, ein weiteres U-Boot nach Israel
geliefert werden soll, dessen Spezialität darin besteht, alles
vernichtende Sprengköpfe dorthin lenken zu können, wo die Existenz
einer einzigen Atombombe unbewiesen ist, doch als Befürchtung von
Beweiskraft sein will, sage ich, was gesagt werden muß."
Für
sein Gedicht "Was gesagt werden muss" erntet Günter Grass
derzeit massive Kritik. Als Prototyp eines intellektuellen
Antisemiten wird er bezeichnet und löst damit eine neue Debatte aus.
Darf man Israel überhaupt kritisieren, völlig egal welcher
Verbrechen sie sich schuldig machen? Nach Auffassung der
Bundeskanzlerin, ist es die höchste Staatsräson für die Sicherheit
Israels zu garantieren. Doch eben jene Sicherheit ist durch das
zionistische Regime in Tel Aviv massiv gefährdet. Denn durch die
offenen Drohungen gegen den Iran, erhöht sich auch die Kriegsgefahr
für Israel und sein Volk.
Dennoch
wird einer, der es nun wagt, dies auszusprechen mit dem immer
wiederkehrenden Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert und somit
medial hingerichtet. Doch funktioniert der Hieb mit dieser Nazikeule
überhaupt noch?
Im
Gespräch mit Jürgen Elsässer - dem Chefredakteur des
Monatsmagazins Compact, gehen wir den Hintergründen um den
Israelisch-iranischen Konflikt um das angebliche Atombombenprogramm
nach und sagen, was eben gesagt werden muss.
„Die
Antisemitismus-Keule oder der Antisemitismus Vorwurf ist die
mächtigste Waffe zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit und das
schärfste Instrument das die Grenzgänger der political correctness
einschüchtern soll. Jeder der in Deutschland wagt, Israels
Angriffspolitik, Aggressionspolitik, Völkerrechtsverstöße zu
kritisieren, muss damit rechnen mit dieser Keule traktiert zu werden.
Deswegen ist es sehr mutig von Günter Grass, dass er diesen Vorstoß
gewagt hat, das er endlich ausgesprochen hat, was ausgesprochen
werden muss und, dass er die ganze Autorität seiner
schriftstellerischen Leistungen, er ist ja immerhin Nobelpreisträger,
in die Waagschale wirft um in der Stunde der Gefahr, im Vorfeld
eines israelischen Angriffes auf Iran, Flagge zu zeigen, und im Wesen
deutlich zu machen, dass das anständige Deutschland nicht Komplize
werden darf. Eigentlich hätte man das erwarten müssen auch von
anderen Intellektuellen (!), auch von Oppositionspolitikern (!),
denn was Grass mit dem U-Boot Beispiel meint, ist ja die deutsche
Beihilfe zur Durchführung einer Völkerrechtswidrigen Aggression,
und sogar eines Atomkrieges, denn diese Dolphin-U-Boote, um den
Fachausdruck zu verwenden, können atomar bestückte Wasser-,
Landraketen abschießen und die würden im Falle eines Falles
eingesetzt um iranischen Bunker, die Bunkeranlagen zu zerstören. Das
heißt, Deutschland das denn Atomwaffensperrvertrag für sich selbst
genommen einhält und sich einer weltweiten Nichtverbreitungspolitik,
bei Atomwaffen verpflichtet hat, liefert Atomwaffenträger, an ein
Land das diesen Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat, das
nach Angaben von Experten zwischen 200 und 400 Atomsprengköpfe in
seinen Silos hat, und das lauthals ankündigt und dafür gar keine
Kritik einsteckt, das es ein anderes Land angreifen will. Es ist
ein ungeheurer Fakt, und man wundert sich, wie so Grass der Einzige
ist der hier einschreitet. Ich finde, er weist ja auch selbst
drauf hin, er macht es mit seiner letzten Tinte, er steht am Ende
seines Lebens, und er will nicht nochmal mitschuldig werden. Er war
in Hitlers Armee, er war glaub ich sogar Waffen SS, er hat es
vermutlich zu spät eingeräumt, aber er ist unzweifelhaft ein
Antifaschist, und aus dieser antifaschistischen Grundhaltung zieht er
eben die Konsequenz, bei einem erneuten verbrecherischen
Angriffskrieg laut und deutlich NEIN zu sagen. Dieses Gedicht von
Grass wurde in fünf der weltgrößten Tageszeitungen gleichzeitig
veröffentlicht auf mehreren Kontinenten. Es deutet auf eine
koordinierte Anstrengung von Grass, vielleicht mit Hilfe auch von
anderen Meinungsmachern, vielleicht sogar mit politischen Kräften,
hin. Und allein schon die Tatsache das diese Intervention, jetzt so
koordiniert von Grass erfolgt, ist ein Hinweis darauf das er
fürchtet, wenn er es jetzt nicht macht, dann passierts ohne das er
es gesagt hat. Das heißt, er versucht eine politische Intervention
um wirklich diesen Krieg noch zu verhindern. Und wo sind die
Politiker die dies endlich mal versuchen würden, versucht hätten?
Der letzte der es versucht hat war Jürgen Möllemann von der FDP,
der für eine ausgleichende Nahostpolitik von deutscher Seite warb,
und der ja sofort auch die selbe Antisemitismus-Keule übergebraten
bekommen hat....Die Propaganda gegen den Iran arbeitet mit zwei
stereotypen, bevor ich Stereotype kritisiere und auseinander nehme,
will ich vorausschicken, das natürlich das iranische Regime kein
demokratisches Regime ist, das heißt es ist zwar demokratisch
gewählt, Ahmadinedschad der Präsident ist demokratisch gewählt,
er hat die Mehrheit des Landes hinter sich, aber die Funktionsweise
des politischen Systems, die Menschenrechtsverletzungen, die
Einkerkerungen der Opposition, müssen kritisiert werden. Deswegen
möchte ich alles was ich in der Folge sage nicht als Plädoyer für
den Iran verstanden wissen, sondern ich spreche aus einer
völkerrechtlichen Position heraus. Dabei gibt es zwei Hauptvorwürfe
gegenüber den Iran, der eine ist die Behauptung: Iran will
Atomwaffen produzieren, und das andere was eingewendet wird gegen den
Iran und damit im Zusammenhang steht ist: Iran wird beherrscht von
einer antisemitischen Vernichtungsideologie und wird dann diese
Atomwaffen dazu verwenden um Israel von der Landkarte zu wischen.
Dieser Darstellung, und das hat der israelische Premier Benjamin
Netanjahu auch deutlich gesagt, wird Iran, sozusagen als historisch
Wiedergänger von Nazi-Deutschland dargestellt, Ahmadinedschad als
Wiedergänger von Adolf Hitler, und Netanjahu sprach deutlich davon,
wir befänden uns wie im Jahre 1938, also dieser bösartige
Antisemitismus bereitet sich auf einen Vernichtungsfeldzug vor, und
anders als 1938 müsse man ihn jetzt vorher stoppen durch vorheriges
Zuschlagen. So ungefähr ist die Propaganda aufgebaut. Diese gesamte
Propaganda arbeitet eigentlich nur ausschließlich mit Lügen. Der
Iran hat den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben, im Unterschied zu
Israel. Der Atomwaffensperrvertrag besteht aus zwei Komponenten. Zum
Einen, verbietet er die Herstellung von Atomwaffen, zum Andern,
erlaubt er ausdrücklich die zivile Nutzung der Atomenergie. Der Iran
betreibt Anlagen zur zivilen Nutzung der Atomenergie, etwa
entsprechende Kraftwerke und entsprechende Anreicherungsanlagen.
Damit diese Anlagen nicht missbraucht werden für militärische
Zwecke, haben die Kontrolleure der Internationalen Atomenergieagentur
in Wien ständigen Zutritt zu diesen Anlagen. Bei diesen Kontrollen
wurde noch nie (!) die Abzweigung von angereicherten Material
entdeckt. Es gibt keine atomaren Geheimanlagen im Iran. Ein
amerikanischer Präsidentschaftsbewerber, ich glaube es war McCain
von der republikanischen Partei, hat behauptet im Dezember 2011, es
gäbe solche unterirdischen Geheimanlagen etwa unter Moscheen.
Sozusagen Allahs Atombombe. Aber solche Anschuldigungen sind absurd,
denn jede Form von industrieller Anlage, die viel Strom verbraucht
und das ist bei der Anreicherung oder beim Atombombenbau in jedem
Fall Tatsache, jede solcher Anlage hat eine dermaßen hohe
Energieabstrahlung, dass sie von Satelliten entdeckt werden könnte.
Wir leben im Satellitenzeitalter, es gibt Infrarotsatelliten, es gibt
keinen Hinweis auf solche geheimen Analgen. Alle Anlagen stehen
unter ständiger Kontrolle der Wiener Atomenergiebehörde. Den Streit
den es bisweilen mit der Behörde gab, der betrifft nicht die im
Vertrag vorgesehenen Kontrollen, sondern nur freiwillige
Zusatzleistungen, die der Iran zeitweise über den Vertragsgegenstand
hinaus eingeräumt und dann wieder revidiert hat. Aber die
vertragsgemäßen Kontrollen werden eingeräumt. Wenn wir jetzt den
letzten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde nehmen, vom
November 2011, wo dem Iran wieder entsprechende Vorhaltungen gemacht
werden, so muss man deutlich sagen; alle diese Vorhaltungen stammen
nicht von den Kontrolleuren der Behörden, sondern aus nicht näher
verifizierten Geheimdienstquellen. Da können wir einen großen
Unterschied feststellen zur Arbeitsweise der Kontrollbehörde bis
2009, mit dem Chef El Baradei, Ägypter, und der Arbeitsweise
seither. El Baradei hat als Chef der Behörde gesagt: wir verwenden
keine Geheiminformationen, weil uns die Geheimdienste im Falle des
Irak 2002, 2003 an der Nase herumgeführt haben und mit Dokumenten
versorgt haben, wo sich nachher herausgestellt hat, nach dem Krieg,
nachdem der Krieg begonnen hatte, dass sie Fälschungen waren!
Deshalb verlassen wir uns nur auf unsere eigenen Leute. Das war die
Position von El Baradei, und aus dieser Position heraus hat er immer
gesagt, die Vorwürfe gegen den Iran sind falsch. Dann musste El
Baradei gehen und er wurde durch einen Japaner ersetzt. Und dieser
Japaner macht jetzt eine andere Politik und verwendet wieder
Erkenntnisse der westlichen Geheimdienste, wo man nicht weiß wo sie
es her haben und ob nicht auch wieder mit gefälschten Berichten
gearbeitet wird. Etwa, beklagt der letzte Bericht der IAEO so die
Abkürzung der Behörde, vom November 2011, das man keinen Zutritt
habe zu militärischen Anlagen in der Nähe von Teheran. Nur diese
Anlagen sind keine Atomanlagen. Das heißt sie unterstehen nicht der
Behörde. Die Behörde rechtfertigt jetzt ihren Zutrittswunsch damit,
das sie sagt, in diesen Nichtatomanlagen würden atomare
Sprengprozesse auf Computern simuliert. Das heißt man zieht eine
Krise hoch, wegen Computersimulationen. Wegen virtueller
Geschichten. Während gleichzeitig Israel reale Atombomben, fertige
Atombomben in der Stückzahl von 200 bis 400 bereit hält die gar
nicht der Kontrolle der Wiener Behörde unterstehen! Diese
Idiotie, diese Diskrepanz, diese zweierlei Standards muss man sich
vorstellen. Der andere Vorwurf, sind die angeblichen
Vernichtungsdrohungen gegen Israel. Dieser Antisemitismus der
Ahmadinedschad vorgeworfen wird, findet sich in der Innenpolitik auf
jeden Fall überhaupt nicht. Der Iran hat die größte jüdische
Gemeinde, Gemeinschaft im gesamten Nahen Osten außerhalb von
Israel. Was die externe Politik, die Außenpolitik von Iran angeht,
die Vernichtungsdrohungen gegenüber Israel, wird der Vorwurf
begründet in der Regel mit einem Zitat von Ahmadinedschad aus dem
Jahre 2005, wo er gesagt haben soll: wir werden Israel von der
Landkarte wischen. Diese Zitat geistert seither durch alle Gazetten.
Aber die Übersetzung ist falsch. Oder besser gesagt, die Übersetzung
ist gefälscht. Kollegen von uns, die Journalisten der Gruppe
Arbeiterpolitik, haben mit Hilfe von iranischer Übersetzer die Rede
von Ahmadinedschad noch mal neu übersetzt. Und dabei kam etwas ganz
anderes heraus. Ahmadinedschad hat in dieser Rede einen historischen
Exkurs gemacht, und er sprach davon das in der Vergangenheit immer
wieder unterdrückerische Regime zerfallen sind, untergegangen sind.
Zum Beispiel der Apartheidstaat Südafrika, zum Beispiel Irak Saddam
Husseins oder auch die Sowjetunion. Und in dem Sinne hat er keine
Drohung ausgesprochen, sondern er hat eine Prognose gemacht. Er hat
gesagt, so wie diese Unterdrücker-Regime untergegangen sind, so wird
auch das zionistische Regime eines Tages untergehen. Also eine
Prognose und keine Drohung. Er will einen Regime-Change in Israel, er
will das dieses zionistische Regime, das ja vor kurzem sogar von
Sigmar Gabriel der SPD, als Apartheidsregime bezeichnet wurde, er
will das dieses Regime verschwindet und einer Demokratie Platz macht
oder jedenfalls einem Gesellschaftssystem wo die verschiedenen Volks-
und Religionsgruppen zusammenleben können. Das ist die Position von
Ahmadinedschad, das zwischen Regime, das will er weg haben, aber er
spricht nicht über das Land, da spricht er keine Vernichtungsdrohung
aus... (Jürgen Elsässer, Chefredakteur Compact-Magazin )
Von
Günter Grass
Warum
schweige ich, verschweige zu lange,
was
offensichtlich ist und in Planspielen
geübt wurde, an deren Ende
als Überlebende
wir allenfalls Fußnoten sind.
Es ist das
behauptete Recht auf den Erstschlag,
der das von einem Maulhelden
unterjochte
und zum organisierten Jubel gelenkte
iranische Volk
auslöschen könnte,
weil in dessen Machtbereich der Bau
einer
Atombombe vermutet wird.
Doch warum untersage ich mir,
jenes
andere Land beim Namen zu nennen,
in dem seit Jahren - wenn auch
geheimgehalten -
ein wachsend nukleares Potential verfügbar
aber
außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
zugänglich ist?
Das
allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
dem sich mein
Schweigen untergeordnet hat,
empfinde ich als belastende Lüge
und
Zwang, der Strafe in Aussicht stellt,
sobald er missachtet
wird;
das Verdikt 'Antisemitismus' ist geläufig.
Jetzt
aber, weil aus meinem Land,
das von ureigenen Verbrechen,
die
ohne Vergleich sind,
Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt
wird,
wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
mit
flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
ein weiteres U-Boot
nach Israel
geliefert werden soll, dessen Spezialität
darin
besteht, allesvernichtende Sprengköpfe
dorthin lenken zu können,
wo die Existenz
einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,
doch
als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
sage ich, was gesagt
werden muss.
Warum aber schwieg ich bislang?
Weil ich
meinte, meine Herkunft,
die von nie zu tilgendem Makel behaftet
ist,
verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit
dem
Land Israel, dem ich verbunden bin
und bleiben will,
zuzumuten.
Warum sage ich jetzt erst,
gealtert und mit
letzter Tinte:
Die Atommacht Israel gefährdet
den ohnehin
brüchigen Weltfrieden?
Weil gesagt werden muss,
was schon
morgen zu spät sein könnte;
auch weil wir - als Deutsche
belastet genug -
Zulieferer eines Verbrechens werden könnten,
das
voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld
durch keine der
üblichen Ausreden
zu tilgen wäre.
Und zugegeben: ich
schweige nicht mehr,
weil ich der Heuchelei des
Westens
überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen,
es mögen sich
viele vom Schweigen befreien,
den Verursacher der erkennbaren
Gefahr
zum Verzicht auf Gewalt auffordern und
gleichfalls
darauf bestehen,
dass eine unbehinderte und permanente
Kontrolle
des israelischen atomaren Potentials
und der
iranischen Atomanlagen
durch eine internationale Instanz
von
den Regierungen beider Länder zugelassen wird.
Nur so ist
allen, den Israelis und Palästinensern,
mehr noch, allen
Menschen, die in dieser
vom Wahn okkupierten Region
dicht bei
dicht verfeindet leben
und letztlich auch uns zu helfen.
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