Samstag, 7. April 2012

Was Günter Grass mit dem U-Boot Beispiel meint, ist ja die deutsche Beihilfe zur Durchführung einer Völkerrechtswidrigen Aggression, und sogar eines Atomkrieges


"Jetzt aber, weil aus meinem Land, das von ureigenen Verbrechen, die ohne Vergleich sind, Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird, wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert, ein weiteres U-Boot nach Israel geliefert werden soll, dessen Spezialität darin besteht, alles vernichtende Sprengköpfe dorthin lenken zu können, wo die Existenz einer einzigen Atombombe unbewiesen ist, doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will, sage ich, was gesagt werden muß."

Für sein Gedicht "Was gesagt werden muss" erntet Günter Grass derzeit massive Kritik. Als Prototyp eines intellektuellen Antisemiten wird er bezeichnet und löst damit eine neue Debatte aus. Darf man Israel überhaupt kritisieren, völlig egal welcher Verbrechen sie sich schuldig machen? Nach Auffassung der Bundeskanzlerin, ist es die höchste Staatsräson für die Sicherheit Israels zu garantieren. Doch eben jene Sicherheit ist durch das zionistische Regime in Tel Aviv massiv gefährdet. Denn durch die offenen Drohungen gegen den Iran, erhöht sich auch die Kriegsgefahr für Israel und sein Volk.

Dennoch wird einer, der es nun wagt, dies auszusprechen mit dem immer wiederkehrenden Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert und somit medial hingerichtet. Doch funktioniert der Hieb mit dieser Nazikeule überhaupt noch?

Im Gespräch mit Jürgen Elsässer - dem Chefredakteur des Monatsmagazins Compact, gehen wir den Hintergründen um den Israelisch-iranischen Konflikt um das angebliche Atombombenprogramm nach und sagen, was eben gesagt werden muss.


Die Antisemitismus-Keule oder der Antisemitismus Vorwurf ist die mächtigste Waffe zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit und das schärfste Instrument das die Grenzgänger der political correctness einschüchtern soll. Jeder der in Deutschland wagt, Israels Angriffspolitik, Aggressionspolitik, Völkerrechtsverstöße zu kritisieren, muss damit rechnen mit dieser Keule traktiert zu werden. Deswegen ist es sehr mutig von Günter Grass, dass er diesen Vorstoß gewagt hat, das er endlich ausgesprochen hat, was ausgesprochen werden muss und, dass er die ganze Autorität seiner schriftstellerischen Leistungen, er ist ja immerhin Nobelpreisträger, in die Waagschale wirft um in der Stunde der Gefahr, im Vorfeld eines israelischen Angriffes auf Iran, Flagge zu zeigen, und im Wesen deutlich zu machen, dass das anständige Deutschland nicht Komplize werden darf. Eigentlich hätte man das erwarten müssen auch von anderen Intellektuellen (!), auch von Oppositionspolitikern (!), denn was Grass mit dem U-Boot Beispiel meint, ist ja die deutsche Beihilfe zur Durchführung einer Völkerrechtswidrigen Aggression, und sogar eines Atomkrieges, denn diese Dolphin-U-Boote, um den Fachausdruck zu verwenden, können atomar bestückte Wasser-, Landraketen abschießen und die würden im Falle eines Falles eingesetzt um iranischen Bunker, die Bunkeranlagen zu zerstören. Das heißt, Deutschland das denn Atomwaffensperrvertrag für sich selbst genommen einhält und sich einer weltweiten Nichtverbreitungspolitik, bei Atomwaffen verpflichtet hat, liefert Atomwaffenträger, an ein Land das diesen Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat, das nach Angaben von Experten zwischen 200 und 400 Atomsprengköpfe in seinen Silos hat, und das lauthals ankündigt und dafür gar keine Kritik einsteckt, das es ein anderes Land angreifen will. Es ist ein ungeheurer Fakt, und man wundert sich, wie so Grass der Einzige ist der hier einschreitet. Ich finde, er weist ja auch selbst drauf hin, er macht es mit seiner letzten Tinte, er steht am Ende seines Lebens, und er will nicht nochmal mitschuldig werden. Er war in Hitlers Armee, er war glaub ich sogar Waffen SS, er hat es vermutlich zu spät eingeräumt, aber er ist unzweifelhaft ein Antifaschist, und aus dieser antifaschistischen Grundhaltung zieht er eben die Konsequenz, bei einem erneuten verbrecherischen Angriffskrieg laut und deutlich NEIN zu sagen. Dieses Gedicht von Grass wurde in fünf der weltgrößten Tageszeitungen gleichzeitig veröffentlicht auf mehreren Kontinenten. Es deutet auf eine koordinierte Anstrengung von Grass, vielleicht mit Hilfe auch von anderen Meinungsmachern, vielleicht sogar mit politischen Kräften, hin. Und allein schon die Tatsache das diese Intervention, jetzt so koordiniert von Grass erfolgt, ist ein Hinweis darauf das er fürchtet, wenn er es jetzt nicht macht, dann passierts ohne das er es gesagt hat. Das heißt, er versucht eine politische Intervention um wirklich diesen Krieg noch zu verhindern. Und wo sind die Politiker die dies endlich mal versuchen würden, versucht hätten? Der letzte der es versucht hat war Jürgen Möllemann von der FDP, der für eine ausgleichende Nahostpolitik von deutscher Seite warb, und der ja sofort auch die selbe Antisemitismus-Keule übergebraten bekommen hat....Die Propaganda gegen den Iran arbeitet mit zwei stereotypen, bevor ich Stereotype kritisiere und auseinander nehme, will ich vorausschicken, das natürlich das iranische Regime kein demokratisches Regime ist, das heißt es ist zwar demokratisch gewählt, Ahmadinedschad der Präsident ist demokratisch gewählt, er hat die Mehrheit des Landes hinter sich, aber die Funktionsweise des politischen Systems, die Menschenrechtsverletzungen, die Einkerkerungen der Opposition, müssen kritisiert werden. Deswegen möchte ich alles was ich in der Folge sage nicht als Plädoyer für den Iran verstanden wissen, sondern ich spreche aus einer völkerrechtlichen Position heraus. Dabei gibt es zwei Hauptvorwürfe gegenüber den Iran, der eine ist die Behauptung: Iran will Atomwaffen produzieren, und das andere was eingewendet wird gegen den Iran und damit im Zusammenhang steht ist: Iran wird beherrscht von einer antisemitischen Vernichtungsideologie und wird dann diese Atomwaffen dazu verwenden um Israel von der Landkarte zu wischen. Dieser Darstellung, und das hat der israelische Premier Benjamin Netanjahu auch deutlich gesagt, wird Iran, sozusagen als historisch Wiedergänger von Nazi-Deutschland dargestellt, Ahmadinedschad als Wiedergänger von Adolf Hitler, und Netanjahu sprach deutlich davon, wir befänden uns wie im Jahre 1938, also dieser bösartige Antisemitismus bereitet sich auf einen Vernichtungsfeldzug vor, und anders als 1938 müsse man ihn jetzt vorher stoppen durch vorheriges Zuschlagen. So ungefähr ist die Propaganda aufgebaut. Diese gesamte Propaganda arbeitet eigentlich nur ausschließlich mit Lügen. Der Iran hat den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben, im Unterschied zu Israel. Der Atomwaffensperrvertrag besteht aus zwei Komponenten. Zum Einen, verbietet er die Herstellung von Atomwaffen, zum Andern, erlaubt er ausdrücklich die zivile Nutzung der Atomenergie. Der Iran betreibt Anlagen zur zivilen Nutzung der Atomenergie, etwa entsprechende Kraftwerke und entsprechende Anreicherungsanlagen. Damit diese Anlagen nicht missbraucht werden für militärische Zwecke, haben die Kontrolleure der Internationalen Atomenergieagentur in Wien ständigen Zutritt zu diesen Anlagen. Bei diesen Kontrollen wurde noch nie (!) die Abzweigung von angereicherten Material entdeckt. Es gibt keine atomaren Geheimanlagen im Iran. Ein amerikanischer Präsidentschaftsbewerber, ich glaube es war McCain von der republikanischen Partei, hat behauptet im Dezember 2011, es gäbe solche unterirdischen Geheimanlagen etwa unter Moscheen. Sozusagen Allahs Atombombe. Aber solche Anschuldigungen sind absurd, denn jede Form von industrieller Anlage, die viel Strom verbraucht und das ist bei der Anreicherung oder beim Atombombenbau in jedem Fall Tatsache, jede solcher Anlage hat eine dermaßen hohe Energieabstrahlung, dass sie von Satelliten entdeckt werden könnte. Wir leben im Satellitenzeitalter, es gibt Infrarotsatelliten, es gibt keinen Hinweis auf solche geheimen Analgen. Alle Anlagen stehen unter ständiger Kontrolle der Wiener Atomenergiebehörde. Den Streit den es bisweilen mit der Behörde gab, der betrifft nicht die im Vertrag vorgesehenen Kontrollen, sondern nur freiwillige Zusatzleistungen, die der Iran zeitweise über den Vertragsgegenstand hinaus eingeräumt und dann wieder revidiert hat. Aber die vertragsgemäßen Kontrollen werden eingeräumt. Wenn wir jetzt den letzten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde nehmen, vom November 2011, wo dem Iran wieder entsprechende Vorhaltungen gemacht werden, so muss man deutlich sagen; alle diese Vorhaltungen stammen nicht von den Kontrolleuren der Behörden, sondern aus nicht näher verifizierten Geheimdienstquellen. Da können wir einen großen Unterschied feststellen zur Arbeitsweise der Kontrollbehörde bis 2009, mit dem Chef El Baradei, Ägypter, und der Arbeitsweise seither. El Baradei hat als Chef der Behörde gesagt: wir verwenden keine Geheiminformationen, weil uns die Geheimdienste im Falle des Irak 2002, 2003 an der Nase herumgeführt haben und mit Dokumenten versorgt haben, wo sich nachher herausgestellt hat, nach dem Krieg, nachdem der Krieg begonnen hatte, dass sie Fälschungen waren! Deshalb verlassen wir uns nur auf unsere eigenen Leute. Das war die Position von El Baradei, und aus dieser Position heraus hat er immer gesagt, die Vorwürfe gegen den Iran sind falsch. Dann musste El Baradei gehen und er wurde durch einen Japaner ersetzt. Und dieser Japaner macht jetzt eine andere Politik und verwendet wieder Erkenntnisse der westlichen Geheimdienste, wo man nicht weiß wo sie es her haben und ob nicht auch wieder mit gefälschten Berichten gearbeitet wird. Etwa, beklagt der letzte Bericht der IAEO so die Abkürzung der Behörde, vom November 2011, das man keinen Zutritt habe zu militärischen Anlagen in der Nähe von Teheran. Nur diese Anlagen sind keine Atomanlagen. Das heißt sie unterstehen nicht der Behörde. Die Behörde rechtfertigt jetzt ihren Zutrittswunsch damit, das sie sagt, in diesen Nichtatomanlagen würden atomare Sprengprozesse auf Computern simuliert. Das heißt man zieht eine Krise hoch, wegen Computersimulationen. Wegen virtueller Geschichten. Während gleichzeitig Israel reale Atombomben, fertige Atombomben in der Stückzahl von 200 bis 400 bereit hält die gar nicht der Kontrolle der Wiener Behörde unterstehen! Diese Idiotie, diese Diskrepanz, diese zweierlei Standards muss man sich vorstellen. Der andere Vorwurf, sind die angeblichen Vernichtungsdrohungen gegen Israel. Dieser Antisemitismus der Ahmadinedschad vorgeworfen wird, findet sich in der Innenpolitik auf jeden Fall überhaupt nicht. Der Iran hat die größte jüdische Gemeinde, Gemeinschaft im gesamten Nahen Osten außerhalb von Israel. Was die externe Politik, die Außenpolitik von Iran angeht, die Vernichtungsdrohungen gegenüber Israel, wird der Vorwurf begründet in der Regel mit einem Zitat von Ahmadinedschad aus dem Jahre 2005, wo er gesagt haben soll: wir werden Israel von der Landkarte wischen. Diese Zitat geistert seither durch alle Gazetten. Aber die Übersetzung ist falsch. Oder besser gesagt, die Übersetzung ist gefälscht. Kollegen von uns, die Journalisten der Gruppe Arbeiterpolitik, haben mit Hilfe von iranischer Übersetzer die Rede von Ahmadinedschad noch mal neu übersetzt. Und dabei kam etwas ganz anderes heraus. Ahmadinedschad hat in dieser Rede einen historischen Exkurs gemacht, und er sprach davon das in der Vergangenheit immer wieder unterdrückerische Regime zerfallen sind, untergegangen sind. Zum Beispiel der Apartheidstaat Südafrika, zum Beispiel Irak Saddam Husseins oder auch die Sowjetunion. Und in dem Sinne hat er keine Drohung ausgesprochen, sondern er hat eine Prognose gemacht. Er hat gesagt, so wie diese Unterdrücker-Regime untergegangen sind, so wird auch das zionistische Regime eines Tages untergehen. Also eine Prognose und keine Drohung. Er will einen Regime-Change in Israel, er will das dieses zionistische Regime, das ja vor kurzem sogar von Sigmar Gabriel der SPD, als Apartheidsregime bezeichnet wurde, er will das dieses Regime verschwindet und einer Demokratie Platz macht oder jedenfalls einem Gesellschaftssystem wo die verschiedenen Volks- und Religionsgruppen zusammenleben können. Das ist die Position von Ahmadinedschad, das zwischen Regime, das will er weg haben, aber er spricht nicht über das Land, da spricht er keine Vernichtungsdrohung aus... (Jürgen Elsässer, Chefredakteur Compact-Magazin )

Das gesamte Interview bei NuoViso und hier zum Compact Monatsmagazin



Von Günter Grass

Warum schweige ich, verschweige zu lange,
was offensichtlich ist und in Planspielen
geübt wurde, an deren Ende als Überlebende
wir allenfalls Fußnoten sind.

Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag,
der das von einem Maulhelden unterjochte
und zum organisierten Jubel gelenkte
iranische Volk auslöschen könnte,
weil in dessen Machtbereich der Bau
einer Atombombe vermutet wird.

Doch warum untersage ich mir,
jenes andere Land beim Namen zu nennen,
in dem seit Jahren - wenn auch geheimgehalten -
ein wachsend nukleares Potential verfügbar
aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
zugänglich ist?

Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
dem sich mein Schweigen untergeordnet hat,
empfinde ich als belastende Lüge
und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt,
sobald er missachtet wird;
das Verdikt 'Antisemitismus' ist geläufig.

Jetzt aber, weil aus meinem Land,
das von ureigenen Verbrechen,
die ohne Vergleich sind,
Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
ein weiteres U-Boot nach Israel
geliefert werden soll, dessen Spezialität
darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe
dorthin lenken zu können, wo die Existenz
einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,
doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
sage ich, was gesagt werden muss.

Warum aber schwieg ich bislang?
Weil ich meinte, meine Herkunft,
die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist,
verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit
dem Land Israel, dem ich verbunden bin
und bleiben will, zuzumuten.

Warum sage ich jetzt erst,
gealtert und mit letzter Tinte:
Die Atommacht Israel gefährdet
den ohnehin brüchigen Weltfrieden?
Weil gesagt werden muss,
was schon morgen zu spät sein könnte;
auch weil wir - als Deutsche belastet genug -
Zulieferer eines Verbrechens werden könnten,
das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld
durch keine der üblichen Ausreden
zu tilgen wäre.

Und zugegeben: ich schweige nicht mehr,
weil ich der Heuchelei des Westens
überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen,
es mögen sich viele vom Schweigen befreien,
den Verursacher der erkennbaren Gefahr
zum Verzicht auf Gewalt auffordern und
gleichfalls darauf bestehen,
dass eine unbehinderte und permanente Kontrolle
des israelischen atomaren Potentials
und der iranischen Atomanlagen
durch eine internationale Instanz
von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.

Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern,
mehr noch, allen Menschen, die in dieser
vom Wahn okkupierten Region
dicht bei dicht verfeindet leben
und letztlich auch uns zu helfen.



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