Sonntag, 1. August 2010

Altbundeskanzler Helmut Schmidt enttäuscht von Europas Spitzenpolitiker


Das sehen Millionen von EU-Bewohner auch so.
Helmut Schmidt sagte auch, die EU-Erweiterung sei ein katastrophaler Fehler. „In der Maastrichter-Konferenz waren wir zwölf Mitgliedstaaten, dann wurden wir 15 und dann wurden wir 20 und 26 und 27. das ist alles Blödsinn:“
Lassen wir Günter Verheugen (ehem. EU-Erweiterungskommissar und Verantwortlicher für die maßlose Erweiterung) dazu sprechen:
„...Für mich ist dies die wichtigste Erklärung der derzeitigen Krise: Die Zukunftsangst der Menschen in Ländern wie Deutschland, Frankreich und den Niederlanden - dem alten industriellen Herz Europas, das dem globalen Strukturwandel am härtesten ausgesetzt ist. Dabei ist die EU das beste Instrument zur Bewältigung der Probleme der Globalisierung.“
Auf die Frage der SZ, für viele Menschen ist bereits die Erweiterung eine kleine Globalisierung gewesen, antwortet Verheugen:
„Das ist falsch. 1989, mit dem Mauerfall, öffnete sich ein Wirtschaftsraum, der vorher hermetisch versperrt war. Diese Marktöffnung kam lange vor der Erweiterung. Erst durch die Erweiterung wurde sie fair geordnet und auf gemeinsame Grundlagen gestellt. Es stimmt einfach nicht, dass die wirtschaftlichen Folgen für die alten Mitgliedstaaten negativ sind. Das absolute Gegenteil ist richtig. Die wirtschaftsstarken alten EU-Staaten profitieren viel stärker von dem Wachstum und der zusätzlichen Nachfrage aus den neuen EU-Staaten als diese. Die großen Gewinner der Erweiterung sind Deutschland und Österreich.“
Die SZ erwiderte das die Menschen meinen, ihre Jobs wanderten nach Osten. Verheugen antwortete, es wäre ein Mythos, das der Erweiterung anzulasten. Nochmal Verheugen:
„Weil eine Welle des Populismus, in der auch ein Stück Fremdenfeindlichkeit steckt, den Konsens über die Erweiterung überspült. In Deutschland und Frankreich herrscht offenbar im Moment die Vorstellung, dass an unseren Ostgrenzen Nomadenvölker in Zeltdörfern hausen, die nur darauf warten, über uns herzufallen, um alles zu zerstören, was wir haben - das ist doch absurd!...“
Auf die Frage: Wie erklären Sie das den Arbeitnehmern im Westen, die die Verlierer des Wandels sind?
„Das ist das Grundproblem: Die Globalisierung schafft in den Industrieländern neue Arbeitsplätze, aber nicht unbedingt dort, wo die alten wegfallen. Mit tut das weh, wenn Leute ihre Arbeit verlieren. Aber ich habe immer gewusst: Ohne die Erweiterung wäre alles noch viel schlechter“.
Europas Christdemokraten verlangen, die EU müsse der Erweiterung endlich Grenzen setzen, wirft die SZ ein. Daraufhin Verheugen:
„Dem stimme ich zu, diese Grenzen sind auch längst erkennbar: Bulgarien und Rumänien treten demnächst bei, weitere Kandidaten sind die Türkei und Kroatien. Damit sind die Grenzen zunächst fixiert.“

Er sagte zunächst! Nach Verheugen wäre ohne diese maßlose EU-Erweiterung im Eiltempo also alles noch viel schlechter. Das Interview fand im Juni 2005 statt.
Was macht der ehemalige Erweiterungskommissar, der von Oettinger abgelöst wurde, eigentlich heute? Er berät künftig die deutschen Genossenschaftsbanken in Europa-Fragen.
„Meine Tätigkeit wird sich auf die politische Beratung der Führungsgremien beschränken. Lobbyarbeit in jeglicher Form ist nicht vorgesehen“, erklärte Verheugen.
Deshalb muss es so stark betont werden? Verheugen ist seit Anfang 2010 Honorarprofessor an der Viandrina-Universtät in Frankfurt/Oder. Was sagt sein Chef dazu Präsident Uwe Fröhlich:
„Angesichts der anstehenden wichtigen Beratungen der EU-Kommission zur Bankenregulierung, im Zahlungsverkehr und im Wertpapiergeschäft möchten wir noch deutlicher den genossenschaftlichen Finanzverbund und sein erfolgreiches Geschäftsmodell in Brüssel zu Gehör bringen.“
Bankenregulierung, Zahlungsverkehr und Wertpapiergeschäft und der ehemalige Erweiterungskommissar. Was für eine nette Runde.
Doch zurück zu einen Politiker der etwas von Politik und Verantwortung versteht, Helmut Schmidt.
Die EU hat im Augenblick keine Führungsperson, es ist eine schlimmere Situation, als sie jemals in 60 Jahren der europäischen Integration erlebt wurde. Und Helmut Schmidt meint denn im Hinblick auf die EU-Erweiterung: „Es war richtig, ihnen psychischen Rückhalt zu geben. Dafür hätte die Nato ausgereicht, das hätte auch die Amerikaner befriedigt. Aber sie gleichzeitig in die EU aufzunehmen, ohne die Spielregeln in der EU diesem Riesenverein entsprechend anzupassen, das war ein katastrophaler Fehler!“

In der EU tummeln sich Heerscharen von Politikern, selbst wenn wir den Blick nur auf die Chefs/innen richten, werden noch immer zwei Dutzend Politikfiguren erkannt. Es ist erbärmlich für die EU-Politik-Kaste, wenn nun Helmut Schmidt sagt, es ist keine Führungsperson da.
Aber genau das sehen wir als Realität in der EU.

Und bei der tagesschau.de  im Artikel: „EU-Kommissar Verheugen hört auf“, ist zu lesen:
Zitat
Als EU-Kommissar in Brüssel hat man Macht und das unabhängig von parteipolitischen Zwängen daheim. Günter Verheugen hat es erlebt. Zufrieden zieht er Bilanz nach zehn Jahren als Kommissar, erst für Erweiterung, dann für Industrie.
Zitat Ende

Zuerst die EU-Erweiterung, dann die Industrie und dann ....? Genau das ist das Problem beim Herrn Verheugen, er hat die Menschen vergessen.


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