Sonntag, 12. Juli 2009

Demokratie hat so zu sein, wie ich es interpretiere oder: Herr Fischer und die Zeit

The BundesverfassungsgerichtImage via Wikipedia

Herr Fischer schreibt in Zeit Online von einem „Prinzip Hintertür“, wie sich das Bundesverfassungsgericht (BVG) zum Lissabon-Vertrag entschieden hat. Er meint damit, man legt sich fest, ohne sich wirklich festlegen zu müssen. Die wenigen Streiter für eine parlamentarische Demokratie, für eine Stärkung des Parlaments und für mehr Abgeordneten-Unabhängigkeit, sieht Herr Fischer als „bizarre Allianz“ aus alt bayerischen oder sonst wie euroskeptischen Politikern.

Weiterhin glaubt er, die Entscheidung des BVG würde den Eindruck verstärken, dass sich Deutschland zunehmend von Europa abwendet. Dies würde, so Fischer, auch bei unseren europäischen Nachbarn und auch in den USA so gesehen. Woher nimmt er nur solche Weisheit? Deutschland ist EU-Zahlmeister und Frau Merkel hat alles in die Wege geleitet um die EU-Verfassung durchzusetzen. Aber das ist Fischer-Sprech, er ist dem Ostküsten-Establishment hörig.

In einem Punkt gebe ich ihm aus meiner Sicht recht wie er sagt; dem zweiten Senat hat offensichtlich die Angst vor der eigenen Courage befallen, einfach Nein zum Lissabon-Vertrag zu sagen. Deshalb flüchtete sich das BVG in das Begleitgesetz.

Fischer glaubt, dass ohne die Osterweiterung von Nato und EU es in Europa nach 1989 zwischen der EU und Russland, eine große Zone der Unsicherheit und Instabilität entstanden wäre (er glaubt, nein er vertritt ja auch US-Ansicht gegenüber der Türkei in die EU und läßt das bei jeder Gelegenheit gebetsmühlenartig wissen). Dann greift er im Artikel Herrn Gauweiler und Co. an. Der Euro, so sagt uns der Oberdenker, sei es, der in der aktuellen Weltkrise sich als entscheidendes Schutzinstrument bewährt hat. O-Ton Fischer: Karlsruhe ballert in seiner Entscheidung mit verfassungsrechtlichen Kanonen auf imaginierte Spatzen...

Da springt pure Enttäuschung aus der Feder um im polemischen Ton sich abzureagieren. Fischer sieht in seinem Artikel, eine europäische Realität und in der Entscheidung durch das BVG eine Fiktion. So einfach ist der Herr gestrickt.

Was bin ich froh, dass dieser Herr nicht mehr in einer deutschen Regierung sitzt. Man erkennt das politische Interesse, nicht nur bei Fischer, den Richterspruch herunterzuspielen. Was Herr Fischer nicht (vermutlich gewollt) ausspricht ist, dass sich das EU-Parlament aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Damit sind zum Richterspruch die Völker der Mitgliedstaaten die Subjekte von denen die demokratische Legitimation der EU ausgeht. Der Lissabon-Vertrag wollte klammheimlich die Legitimitätsobjekte ausgetauscht haben, damit wäre die europäische Demokratie in ein Unionsvolk gewechselt. Genau das hat das BVG als verfassungsfeindlich erkannt und allein die Völker der Mitgliedstaaten sind demokratische Subjekte.

Kein Wunder, dass nun für Herrn Fischer Amerika als Beispiel herhalten muss. Ob wir Europäer aber amerikanische Verhältnisse haben wollen, davon ist bei ihm keine Rede. Bei ihm ist überhaupt wenig Demokratie zu erkennen.

Nach Karlsruhe wird es keinen europäischen Bundesstaat geben, dies läßt unser Grundgesetz nicht zu. Es sei denn, das Volk will es durch eine freie Entscheidung. Was Herr Fischer weiterhin nicht sagt ist, dass der Lissabon-Vertrag viele Formulierungen enthält die dehnbar und auch unterschiedlich ausgelegt werden können.

Prof. Dr. Dietrich Murswiek erklärt: Es ist der Europäische Gerichtshof (EuGH), der maßgeblich die Ausweitung der EU auf Kosten der Mitgliedstaaten vorantreibt. Dafür würden die EU-Verträge vom EuGH so ausgelegt, dass viel an Kompetenz für die europäischen Organe herauskommt. Mit der Zeit hätte es durch den Lissabon-Vertrag, durch den EuGH ein flächendeckendes Kompetenznetz gegeben. Ein europäischer Superstaat der auf leisen Sohlen dahergekommen wäre. Das BVG hat nun, um es in Fischer-Sprech zu sagen, einen „nationalen Riegel“ vorgeschoben.

Und das ist gut so.

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