Übersetzt von Hergen Matussik
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Die einseitige und propagandistische Berichterstattung durch die US-amerikanischen Medien über die Wahlen im Iran hat aus dem unterlegenen Kandidaten Mousawi einen Helden gemacht.
Man fragt sich, ob irgendjemand irgendwo in den US-amerikanischen Medien oder der US-Regierung weiß, daß Mir-Hossein Mousawi, der in dem Jahrzehnt nach dem Sturz des US-amerikanischen Marionettenregimes durch Khomeini von 1981 bis 1989 Premierminister der Islamischen Republik Iran war, als Schlächter von Beirut bezeichnet wurde, verantwortlich für die blutigen Anschläge auf die US Botschaft und die Kaserne der US Marines in Beirut in der Zeit der Präsidentschaft Reagans. Bei den Anschlägen wurden damals 241 US Marines, Schiffsbesatzungen und Armeesoldaten getötet.
Dem Artikel von Jeff Stein in der Ausgabe von CQ Politics vom 22. Juni zufolge, wählte Mousawi Ali Akbar Mohtashemi-pur zum leitenden Planer der Terrorkampagne von Beirut aus. Akbar führte die Terrorzelle an, die für die Anschläge verantwortlich war. Admiral James Lyons zufolge hörte die National Security Agency damals den iranischen Botschafter im Libanon ab. Admiral Lyons sagte Jeff Stein, daß „der iranische Botschafter vom Außenminister angewiesen wurde, mehrere Gruppen bereitzuhalten, um Anschläge auf US-Personal im Libanon zu verüben, insbesondere aber, um eine ‚spektakuläre Aktion‘ gegen die Marines durchzuführen.“
Stein berichtet, daß Lyons“ Mousawi auch mit dem Anschlag mit einem mit Sprengstoff beladenen LKW auf das US Navy‘s Fleet Center in Neapel in Verbindung bringt.“
Bob Baer, zu jener Zeit als CIA Offizier im Nahen Osten im Einsatz, sagt, daß Mousawi „direkten Kontakt zu Imad Mughniyah“ hatte, der für die Anschläge verantwortlichen Person.
All diese Tatsachen sind vollständig aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwunden. Die Medien in den USA und die Regierung haben aus dem Schlächter von Beirut Mousawi den Mann gemacht, der sich anschickt, Iran von der Theokratie zu befreien.
Nur in Amerika und unter der fiktiven Bevölkerung in George Orwells prophetischem Roman 1984 finden wir ein solches Ausmaß von Unwissenheit.
In US-Amerika - auch Ozeanien genannt - erleben wir täglich wie die Macht der drei Slogans des Großen Bruders wächst:
KRIEG IST FRIEDEN
FREIHEIT IST SKLAVEREI
UNWISSENHEIT IST STÄRKE
Aus Unwissenheit erwächst die Stärke aus dem terroristischen Feind Amerikas Mousawi einen Helden zu machen.
Freiheit rechtfertigt den Schutz, der gewährleistet wird, indem der Einzelne stets und ständig überwacht wird, ohne daß eine geschützte Privatsphäre den großen Bruder noch daran hindern kann, einen geplanten Terroranschlag aufzudecken. Diese Freiheit von der Furcht vor Terror verwandelt sich in die Sklaverei zeitlich unbefristeter Haft ohne Beweise oder konkrete Anschuldigungen. Der Grundsatz von habeas corpus ist zum Gegenteil von Freiheit geworden, weil er unseren Schutz vor Terroristen gefährdet.
Am 23. Juni 2009 folgte der Große Bruder Obama der Tradition der Großen Brüder Bush und Cheney und erklärte, daß Ozeanien und „die ganze Welt“ entsetzt und empört über die Versuche des Iran seien, die Proteste, die durch Ozeaniens Einmischung in die Wahlen im Iran entfacht wurden, gewaltsam zu unterdrücken.
Gleichzeitig setzt Ozeanien seine Kriege in Irak, Afghanistan und Pakistan fort, vernichtet dabei Menschen auf allen Seiten der Fronten, und rüstet sich währenddessen, Frieden im Iran zu schaffen. Niemand regt sich über diese Gewalt auf. Krieg ist Frieden. Wer keine Kriege führt, kann keinen Frieden schaffen. Frieden entsteht, wenn sich die Herrschaft des Großen Bruders auf jene Gegenden ausweitet, in denen man nicht versteht, daß Krieg Frieden, Freiheit Sklaverei und Unwissenheit Stärke ist.
„Das Gesicht des Großen Bruders schien noch für mehrere Sekunden auf dem Bildschirm sichtbar zu bleiben, so als wenn die Wirkung, die sein Anblick auf de Augen der Anwesenden gemacht hatte, zu lebhaft war, als daß er unvermittelt hätte verschwinden können. Die kleine Frau mit den sandfarbenen Haaren hatte sich über die Lehne des Stuhls vor ihr gebeugt. Mit einem zittrigen Murmeln, das wie „Mein Erlöser!“ klang, streckte sie die Arme in Richtung Bildschirm aus.
In diesem Moment verfiel die gesamte Menge in einen tiefen, langsamen, rhythmischen Sprechgesang „Großer Bruder, Großer Bruder, Großer Bruder“, immer und immer wieder, sehr langsam, mit einer langen Pause zwischen den beiden Worten, ein schweres, murmelndes Dröhnen, merkwürdig wild und ursprünglich, wobei man meinte im Hintergrund das Stampfen nackter Füße und das Pulsieren von Buschtrommeln zu hören. Die Menge setzte den Gesang für vielleicht dreißig Sekunden fort. Dieser Refrain war oft in Momenten überwältigender Emotionen zu hören. Zum Teil war es eine Art Hymne an die Weisheit und Majestät des Großen Bruders, aber es war mehr noch ein Akt der Selbsthypnose, ein freiwilliges Abschalten des Bewußtseins durch diesen rhythmischen Lärm.“
Das Abschalten des Bewußtseins durch rhythmischen Lärm beschreibt die Arbeit des Wahrheitsministeriums von Ozeanien recht treffend.
Wieviel Zeit bleibt den US-Amerikanern noch, bis es ein Gedankenverbrechen sein wird, am Großen Bruder und dem Ministerium für Wahrheit zu zweifeln?
„Ob er schrieb ‚Nieder mit dem Großen Bruder!‘, oder ob er es unterließ, machte keinen Unterschied. Die Gedankenpolizei würde ihn so oder so zu fassen kriegen. Er hatte das grundlegende Verbrechen begangen, das alle anderen Verbrechen schon enthielt. Gedankenverbrechen nannten sie es.“
Die Neokonservativen haben in Amerika Komitees zur Überwachung von Gedankenverbrechen unter Professoren eingerichtet. Akademiker, die die von den Neokonservativen vorgegebenen Linie abweichen oder sie in Frage stellen, werden identifiziert und Schmähkampagnen ausgesetzt. Die berufliche Existenz von Sami Al-Arian, einem Professor für Computerwissenschaften an der Universität von Florida wurde vom US Justizministerium (!) zerstört, weil er die palästinensische Sicht der Dinge kundtat.
Diese Spionagekampagne der Neokonservativen wird von Dennis C. Blair, dem Direktor der National Intelligence noch weiter ausgeweitet. In seinem Artikel in Counterpunch vom 23. Juni (Obama's Classroom Spies) berichtet David Price, daß Blair Pläne für ein Programm angekündigt hat, in dessen Rahmen Nachrichtenoffiziere (Geheimdienstmitarbeiter, A.d.Ü) in der Durchführung von verdeckten Aufträgen in den Universitäten und Seminaren geschult werden sollten, ohne daß ihre Identitäten den Professoren oder Verwaltungsmitarbeitern bekannt wären.
Dies wird auch von Orwell selbst nicht mehr überboten. Unabhängiges Denken wird zunehmend zu einem ernsten Gedankenverbrechen. Winston Smith war der einzige unter den Untertanen des Großen Bruders, der noch zu unabhängigem Nachdenken fähig war. Seine Fähigkeit selbständig zu denken wurde entdeckt und ausgelöscht.
Schon jetzt sehen wir, daß die US-Medien zu eigenständigem Denken nicht in der Lage sind.
Unabhängiges, eigenständiges Denken ist an den Universitäten, wo berufliche Karrieren von Geldern der Regierungsgeldern abhängen, heute bereits halbtot.
In den Denkfabriken, wo die Interessen der Geldgeber die Richtung vorgeben, existiert kein unabhängiges Denken. Unabhängiges selbständiges Denken wird in Amerika zusehends zu einer anti-amerikanischen Handlung, die immer mehr einer terroristischen Handlung gleicht.
Mit Neusprech gelingt es mühelos, diese Wandlungen und Umformungen von Bedeutung und Inhalten zu handhaben. Die neuen Generationen, die in dieses System hineingeboren werden, kennen keine Unterschiede zu früher und müssen darum auch nicht zum Schweigen gebracht werden. Sobald die Angehörigen der älteren Generationen unter Kontrolle gebracht wurden, ist die Wahrheit das, was der Große Bruder verkündet. Was immer es auch sei.
Quelle: Information Clearing House- Ignorance is Strength
Originalartikel veröffentlicht am 24.6.2009
Über den Autor
Hergen Matussik ist ein Mitglied von Tlaxcala, dem Übersetzernetzwerk für sprachliche Vielfalt. Diese Übersetzung kann frei verwendet werden unter der Bedingung, daß der Text nicht verändert wird und daß sowohl der Autor, der Übersetzer, der Prüfer als auch die Quelle genannt werden.
URL dieses Artikels auf Tlaxcala: http://www.tlaxcala.es/pp.asp?reference=7973&lg=de
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