Dienstag, 31. Juli 2012

„Es widerspricht völlig jedem marktwirtschaftlichen Prinzip, dass wir versuchen, Bankenpleiten mit allen möglichen Mitteln zu verhindern, vor allem mit Steuergeldern...“


Spanische Banken sollen mit europäischen, also auch deutschen Steuergeldern gerettet werden. Banken Pleite gehen zu lassen, scheint für die Politik keine Option zu sein. Ein Fehler, sagt der Ökonom Christoph Kaserer. Bankenpleiten würden nicht nur deutsche Steuerzahler entlasten und als Hilfsmaßnahme für den spanischen Bankensektor seien sie auch effektiver als jede Milliardenhilfe. „Es widerspricht völlig jedem marktwirtschaftlichen Prinzip, dass wir versuchen, Bankenpleiten mit allen möglichen Mitteln zu verhindern, vor allem mit Steuergeldern. Das darf nicht sein“, ärgert er sich. Als Wissenschaftler ist er aber auch Realist: „Dass die Politik dennoch anders handelt, hat sicherlich mit der Lehman-Pleite zu tun. Eine Bankenpleite ist seither in der politischen Logik kaum vorstellbar“

Ökonom Kaserer kritisiert, dass es die EU-Beschlüsse nicht erkennen lassen, dass auch eine Restrukturierung und damit auch die Pleite einiger spanischer Banken in Betracht gezogen werden. „Wenn wir undifferenziert retten, dann hilft man dem spanischen Bankensektor nicht, man schadet ihm. Sie können einen Wirtschaftssektor nur retten, wenn sie den Kräftigen erlauben, dass Geschäfte wieder profitabel sind. Und das geht nur, wenn unprofitable verschwinden. Und genau das wird mit den EU-Beschlüssen verhindert!“

Beispiele dafür, dass sich der Bankensektor gerade aufgrund von Bankenpleiten erholt, gibt es genug. 1974 erlebte Deutschland mit der Herstatt-Bank die größte Bankenpleite seit Kriegsende. Professor Kaserer meint dazu: „Die Herstatt Bank war zwar keine große, aber trotzdem keine ganz unwichtige Bank. Und die Pleite der Herstatt-Bank hat unter Rahmenbedingen stattgefunden, die in gewisser Weise mit den heutigen Rahmenbedingungen vergleichbar waren. Sprich, wir hatten auch damals eine internationale Bankenkrise.“ Mitarbeiter der Herstatt-Bank hatten sich im internationalen Devisenhandel verzockt. Als die Bank Pleite ging, verhinderte die Politik das nicht. Stattdessen begleitete sie den Gesundungsprozess mit klugen Maßnahmen. Seither gibt es den Einlagensicherungsfonds, der Sparer im Fall von Bankpleiten weitgehend absichert.

In den 90er-Jahren wiederholte sich das in Skandinavien und in der Schweiz. Und auch in der Nach-Lehman-Ära sind Bankenpleiten an der Tagesordnung. In den USA gingen allein 2012 schon über 30 Banken Pleite – ohne dass die Politik eingriff. Ein Vorbild für Europa? „Der Bankensektor kann sich langfristig nur erholen, wenn es einen Ausleseprozess gibt. Das heißt, wenn die Wettbewerber, die Fehler gemacht haben und nicht profitabel arbeiten, gezwungen werden, auszuscheiden. Das ist ein ganz natürlicher Ausleseprozess“, meint Bankenexperte Kaserer. Und doch versucht die Politik genau das zu verhindern.

Die Alternativen sind also klar: Lässt man die spanische Banken Pleite gehen, zahlen vor allem die Eigentümer. Werden sie gerettet, haftet der Steuerzahler.

Das Video dazu können Sie sich HIER ansehen (ARD Mediathek)

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