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Wenn
das nicht Manipulierung der Information heißen soll, was dann?: zu
einer ARTE-Sendung
über Griechenland
Ich
habe mir die Sendung eben angeschaut, so wie sie ausgestrahlt worden
ist, und traue meinen Augen nicht: Die Stelle, wo ich sagte, dass die
Griechenland vorgeblich gewährte Hilfe in Wirklichkeit eine Hilfe
für die Gläubiger des Landes sei, und die aufeinander folgenden
Rettungspläne nur dazu gedacht seien, diese Gläubiger vor einem
Zahlungsausfall vonseiten Griechenlands zu schützen, dabei hätten
sie das Land in eine Rezession gestürzt, mit einer Schrumpfung der
Wirtschaft um etwa 20 Prozent, und es direkt in den Bankrott geführt
– diese Stelle wurde weggelassen! Bei aufmerksamer Beobachtung
werden die Schnittspuren sichtbar: die Abspielung ist ziemlich
unsauber und die Reden werden ziemlich holperig nach der ersten
Äußerung von Benjamin Coriat.
Eine
andere Stelle ist ebenfalls in der Schublade verschwunden: Gegen Ende
hatte ich gesagt, die Konfrontation zwischen Deutschen und Griechen
sei keine nationale, sondern finde zwischen zwei transnationalen
Lagern statt; damit meine ich einerseits diejenigen, die,
buchstäblich über Leichen gehend, die Interessen der Finanzsektors
verteidigen, und andererseits diejenigen, die demokratische und
soziale Rechte und schließlich das Recht auf ein würdiges Leben
verfechten. Davon kann Benjamin Coriat zeugen, er war auch Teilnehmer
dieser Sendung und könnte bezeugen, dass ich mich genau so geäußert
habe. Meine Worte sind dann aber der Schere der Zensoren zu Opfer
gefallen.
Denn
es handelt sich schlicht und einfach um ZENSUR. Da drängt sich eine
Frage auf: Wer kontrolliert denn Arte und filtert dermaßen die
Nachrichten?
Ich
muss zugeben, da bleibe ich sprachlos. Die Sendung wurde zweieinhalb
Stunden vor ihrer Ausstrahlung als Live-Sendung aufgenommen, und
soweit ich weiß, heißt das, dass keine Schnitte vorgenommen werden.
Es wird höchstens eine zweite Aufnahme gemacht, falls etwas schief
gegangen ist – das war bei der Vorstellung der TeilnehmerInnen der
Fall. Und es ist auch üblich, langwierige Stellen zu entfernen. Doch
warum betreffen die zwei längeren weggelassenen Stellen gerade –
wie zufällig – die Äußerungen über die wirklichen Nutznießer
der Hilfe, also die Banken, und über den trügerischen Charakter der
angeblichen deutsch-griechischen Konfrontation?
Wie
ihr es übrigens feststellen könnt, ist meine Redezeit um ungefähr
ein Drittel – oder mehr – kürzer als die von Herrn Prevelakis.
Er hatte die Einsetzung eines Vermittlers vorgeschlagen, der
Griechenland bevormunden sollte, und wollte die demokratischen
Verfahren gänzlich abschaffen, und er wollte Sarkozy (!) auf die
Position eines Vormunds des griechischen Volkes setzen, das in keinem
Fall seine VertreterInnen wählen dürfte, vor allem dann nicht, wenn
sie unglücklicherweise der SYRIZA-Partei angehören! Ich bin
aufgeschreckt, aber da wurde die Sendung geschnitten und ich durfte
nicht reagieren.
Es ist
ein echter Skandal, die Sendung mit einer solchen Äußerung
abzuschließen. Damit macht sich Arte – ein Sender, der sich zur
Demokratie bekennt – wenig Ehre. Übrigens, wenn ihr einigermaßen
aufmerksam das Ende der Sendung beobachtet, werdet ihr sehen, dass
die letzte Frage an mich gerichtet war. Frau Quin wendet sich an mich
und nicht an Herrn Prevelakis. Und meine Antwort auf die Frage zu den
beiden in Konfrontation tretenden Europas, direkt vor Georges
Prevelakis’ Schluss, ist vollkommen in der Schublade verschwunden.
Kurz:
Schnitte, ungleiche Verteilung der Redezeit, und zum Schluss ein
Aufruf zu einer Aussetzung der Demokratie in Griechenland –
wenn DAS keine Manipulation der Information ist, was dann?
Dieser
Umgang mit Informationen bei einem europäischem, sich als unabhängig
gebenden TV-Sender wirft ziemlich viele Fragen auf.
►Auf
diesen Brief hat der Produzent der Sendung eine Antwort
auf
Französisch gegeben und die Programmdirektion hat dieser Antwort
zugestimmt. Der deutsch-französischen Anstalt überlassen wir die
Aufgabe, diese Antwort ins Deutsche zu übersetzen. Ihr
Pflichtenkatalog verpflichtet sie dazu und sie verfügt auch über
die nötigen finanziellen und technischen Mittel.
Danke
Tlaxcala
Quelle:
http://tlaxcala-int.org/article.asp?reference=7400
Erscheinungsdatum
des Originalartikels: 18/05/2012
Artikel
in Tlaxcala veröffentlicht:
http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=7401
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