Terrorismus-Doppelmoral,
am Beispiel einer Mossad-CIA-Geschichte
Marc
Perrys Artikel
in
Foreign Policy, der sich damit befasst, wie Mossad-Agenten
Terroristen in Pakistan rekrutierten – Mitglieder der
Jundullah-Organisation –, um Angriffe im Iran auszuführen, hat
große Aufmerksamkeit erlangt. An die amerikanische Öffentlichkeit
gerichtet, ist die Geschichte nicht so eingerahmt: sie konzentriert
sich auf die Tatsache, dass israelische Agenten ihr Bestes taten, um
die USA in ihre Handlungen einzubeziehen. Aber wenn man einen
weiteren Horizont hat als die der Beltway-Bevölkerung, sollte diese
Geschichte einige unangenehme Fragen über Israels Doppelmoral zum
Terrorismus stellen. Es sollte bemerkt werden, dass Israels
Regierungsvertreter inoffiziell die Geschichte geleugnet haben und
zwar in einer wenig überzeugenden Weise.
Warum
kommt die Geschichte der Jundullah-Operationen, die nach Perry
zwischen 2007 und 2009 durchgeführt wurden und ihren Höhepunkt
während der späten Bushjahre erreichten, erst jetzt heraus? Ich
denke, die beste Antwort ist die, dass es ein Signal der Regierung
Obama ist, mit der Terrorkampagne im Iran aufzuhören. Noch ein
iranischer Wissenschaftler wurde in dieser Woche ermordet, zusammen
mit einigen Familienmitgliedern – zum Entzücken der israelischen
Medien. Der IDF-Stabschef machte seine Witze über „unnatürliche
Ereignisse“ im Iran, und die Medien haben sich gierig darauf
gestürzt.
Die
Jundullah-Operationen waren die Domäne von Meir Dagan, dem früheren
Mossadchef. Dagan, der diese Position acht Jahre hielt (nur ein
anderer, Isser Harel, hielt den Job länger – in der totalitären
Zeit Ben Gurions) und der Liebling der Tauben wurde, die gegen einen
Krieg mit dem Iran sind, da er ein lautstarker Gegner eines solchen
Krieges wäre. Aber Meir Dagan ist keine Taube: er ist Israels Hoher
Scharfrichter. Ariel Sharon, der ihn ernannte, sagte, seine
Spezialität wäre „den arabischen Kopf von seinem Körper zu
trennen“. Er war der Kommandeur der verschwiegenen Rimon-Einheit,
die in den frühen 70er Jahren im Gazastreifen aktiv war und deren
Taktiken die Ermordung von palästinensischen Aktivisten gehörte.
Dagan, der es zum Generalmajor in der IDF gebracht hatte, unterstand
in jener Zeit dem Befehl von Sharon, der der Kommandeur des Kommando
Süd war.
Diese
neue Information setzt Dagans Behauptung, ein offener Krieg sei mit
dem Iran nicht ratsam, in ein neues Licht. Dagan redete nicht vom
Ende von Feindseligkeiten mit dem Iran, sondern eher von einer
Fortsetzung eines stillen Krieges mit dem Iran, anstelle eines
öffentlichen.
Der
Iran und Israel sind jetzt seit Jahrzehnten in ein Schattenboxen
verwickelt. Der Shin Bet und iranische Agenten fochten es im Libanon
aus, wo sowohl Israel als auch der Iran verbündete Milizgruppen
unterhielten. Der iranische Nachrichtendienst war stark beteiligt an
den Angriffen in den 90er-Jahren auf Israels Botschaft in Argentinien
und auf das jüdische Zentrum dort. Es dauerte ein Jahrzehnt, bis die
israelische Öffentlichkeit langsam und undeutlich die Gründe für
den Angriff auf die Botschaft erfuhr. Vier iranische Diplomaten waren
im Libanon während der israelischen Invasion 1982 ermordet worden,
und die Iraner forderte Informationen über sie. Die israelische
Regierung sagte der israelischen Öffentlichkeit nichts davon, bis zu
dem Deal mit Hisbollah – ich denke, es war der Tannenbaum-Deal –
als Israel offiziell auf die iranischen Fragen antwortete: es
behauptete, die vier Diplomaten wären gefangen genommen und von den
Falangisten exekutiert worden. Wie praktisch!
Ähnlich
waren die Nachrichten über einen Versuch der Hisbollah, die
israelische Botschaft in Bangkok in die Luft zu jagen. Dies sollte im
selben Licht gesehen werden. Eine iranische Rache nach noch einem
israelischen Angriff auf sein Territorium.
Dagans
Schattenkrieg mit dem Iran setzte eine lange Tradition der
israelischen Nachrichtendienste fort, terroristische Angriffe in
fremden Ländern durchzuführen. Die berühmtesten kamen nach dem
Mord in München 1972, als die Mossadmörder durch Europa und im
Libanon herumzogen und sich nach palästinensischen Terroristen
umschauten. Aber es fing viel früher an.
Eines
der am längsten währenden Dramen in Israels Geschichte war der
„esek bish“, der eine Folge einer vermasselten Terrorkampagne von
Israels militärischem Geheimdienst 1954 in Ägypten war. Den
Terroristen wurde befohlen, amerikanische und britische Ziele
anzugreifen, um, äh, die nicht existierende amerikanische und
britische Unterstützung für das Nasser-Regime zu untergraben. Die
Terroristen wurden gefangen, einige wurden hingerichtet, und das
verlängerte politische Chaos diente am Ende als Vorwand, um Ben
Gurion schließlich seines Amtes zu entheben.
Die
Angriffe in Ägypten waren ein Teil einer umfassenden Strategie,
synchronisierte die Minderheiten-Strategie oder die
Peripherie-Strategie in den 50ern: Israel sollte Minderheiten in
arabischen Ländern unterstützen und sie ermutigen, sich gegen ihre
zentrale Regierung zu erheben. Israelische Agenten waren in der
arabischen Welt und Afrika sehr aktiv und weckten Unzufriedenheit. Es
gibt einen Grund zu glauben, dass Israels Agenten hinter Idi Amins
Staatsstreich in Uganda steckten, so konnte es seine Linie bei den
Rebellen im Südsudan halten. Es unterstützte lange Zeit die Kurden
im Irak – dann, auf Befehl von Kissinger, überließ es sie ihrem
Schicksal. Viele von Israel unterstützte Gruppen engagierten sich in
dem, was als Terrorismus beschreiben wird. Dies störte den Mossad
oder Israels Führung nicht allzusehr.
All
dies sollte im Gedächtnis behalten werden, wenn Israel das nächste
Mal den Terrorismus anklagt.
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