Eine
Erklärung aus der Friedensbewegung und der Friedensforschung
Friedens-
statt Kriegspolitik im Irankonflikt
Andreas
Buro
Christoph
Krämer
Eine
Erklärung aus der Friedensbewegung und Friedensforschung
Der
Konflikt mit Iran spitzt sich gefährlich zu. Das vom Westen geplante
Ölembargo und der Boykott der iranischen Zentralbank sind
gefährliche Interventionen. Schon einmal verhängten Großbritannien
und USA in den 1950er Jahren ein Ölembargo gegen Iran, das zum Sturz
der demokratisch gewählten Regierung Mossadegh führte. Die heute
eingeleiteten Öl- und Finanzembargos treffen vor allem die Menschen
im Iran. Obendrein liefern sie dem gegenwärtigen Regime die
Rechtfertigung, sich mit Hinweis auf die historische Parallele als
Opfer westlicher Aggression und als legitime Verteidiger und
Beschützer der Unabhängigkeit des Iran, eines für alle Iraner
vorrangigen politischen Ziels, darzustellen. Die militaristischen
Strömungen in der Islamischen Republik fühlen sich so geradezu
legitimiert, mit der Schließung der Straße von Hormuz im Persischen
Golf zu drohen. Die Sanktionseskalation ist auf dem besten Wege, in
einen Krieg einzumünden. Er würde nicht nur für die Menschen im
Iran katastrophale Folgen haben, sondern auch die gesamte Region auf
weitere Jahrzehnte destabilisieren.
Das
iranische Volk will - alle Indizien sprechen dafür - weder einen
Krieg noch iranische Atombomben. Es wehrt sich allerdings gegen jede
militärische Bedrohung von außen. Israels Atomarsenal und die
militärische Einkreisung Irans durch die USA, die inzwischen in
nahezu allen seinen Nachbarländern Militärbasen errichtet haben,
sind wichtige Ursachen für die Rüstungsanstrengungen Irans. Mit der
Tolerierung von Israels Atomwaffenarsenal bei gleichzeitiger
Bekämpfung des iranischen Atomprogramms tragen USA und EU die
Hauptverantwortung dafür, dass kaum ein Oppositionspolitiker im Iran
es wagt, die Atompolitik der Islamischen Republik in Frage zu
stellen.
Auch
in Deutschland und Europa fühlen wir uns mit der zunehmenden Gefahr
eines Krieges konfrontiert, der schwerwiegende Folgen für Europa und
die Welt haben würde. Wer das Ziel verfolgt, die Islamische Republik
durch Intervention von außen zu beseitigen, wird realistische
Lösungen für den Atomkonflikt ignorieren. Wir warnen deshalb davor,
dass maßgebliche Kräfte in den USA und ihre exiliranischen
Mitläufer den Atomkonflikt für einen Regime Change zu
instrumentalisieren suchen. Die Behauptung, die Nuklearmacht Iran
könne nur durch Krieg verhindert werden, ist irreführend. Wir
lehnen sie daher entschieden ab.
Wir
fordern den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Barack Obama auf:
Stoppen
Sie die Embargos gegen iranisches Öl und die iranische Zentralbank.
Verhindern Sie, dass der bevorstehende Präsidentschaftswahlkampf die
US-Regierung und Israel in einen Krieg mit unvorhersehbaren Folgen
stürzt. Bieten Sie Iran als Gegenleistung für das kontrollierte
Beschränken des Nuklearprogramms entsprechend den Bestimmungen des
Atomwaffensperrvertrages einen gegenseitigen Nichtangriffspakt,
möglichst gemeinsam mit Israel, an.
Von
der deutschen Bundeskanzlerin fordern wir:
Schließen
Sie jede Beteiligung Deutschlands an einem Krieg gegen Iran
öffentlich aus und stoppen Sie die riskante Sanktionseskalation.
Unterstützen Sie möglichst zusammen mit anderen europäischen
Regierungen die von der UNO beschlossene Konferenz für eine
massenvernichtungswaffenfreie Zone im Mittleren und Nahen Osten, die
2012 beginnen soll und die bisher in der Öffentlichkeit ignoriert
wird. Dabei verspricht dieses Vorhaben, das durch eine KSZE-ähnliche
Konferenz ergänzt werden könnte, eine völlig neue Perspektive des
Friedens und der Kooperation für die gesamte Region. Nur eine
Politik, die alle Staaten der Region, Israel eingeschlossen, zur
atomaren Abrüstung und Enthaltsamkeit verpflichtet, kann das
gegenseitige Misstrauen beseitigen und den Feindbildern zwischen den
Religionen, Völkern und Staaten sowie dem Wettrüsten und den
Diktaturen den Boden entziehen.
Wir
bitten die UNO, die geplante Konferenz möglichst bald einzuberufen,
selbst wenn sie zunächst von Israel oder Iran boykottiert werden
sollte. Auf Dauer wird sich niemand in der Region dieser Perspektive
verschließen können, ohne seine Glaubwürdigkeit und Legitimation
zu verlieren. Über den aktuellen Atomkonflikt hinaus wüchse mit
einer ständigen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im
Mittleren und Nahen Osten (KSZMNO) die Hoffnung, dass ein neuer
friedenspolitischer Rahmen zur Lösung anderer aktueller Konflikte,
insbesondere des Nahostkonflikts, entstehen könnte.
Auf
Einladung von Andreas Buro, Christoph Krämer und Mohssen
Massarrat
unterstützen
diese Erklärung:
Franz
Alt, Elmar Altvater, Johannes M. Becker,
Hanne-Margret Birckenbach, Reiner Braun, Daniela Dahn,
Hans-Peter Dürr, Theodor Ebert, Iring Fetscher , Ute
Finkh, Johan Galtung, Ulrich Gottstein, Peter Grottian ,
Matthias Jochheim, Heiko Kauffmann, Karlheinz Koppe, Ekkehart
Krippendorff, Wiltrud Roesch-Metzler, Christine Morgenroth,
Wolf-Dieter Narr, Oskar Negt, Bahman Nirumand, Norman Paech,
Bergrun Richter, Clemens Ronnefeldt, Werner Ruf, Christine
Schweitzer, Eva Senghaas-Knobloch, Gert Sommer, Hans von Sponeck,
Eckart Spoo, Otmar Steinbicker, Mani Stenner, Peter Strutynski, Helga
Tempel, Konrad Tempel, Renate Wanie, Herbert Wulf, Christian Wellmann
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